A night out in town …

Kennt Ihr ihn? Diesen Satzanfang, den man benutzt, wenn man von „früher“ redet? Also die Zeit, in der noch alles gut und sowieso viel besser war. „Weißt Du noch, damals …“ sagen wir, sind Mitte dreißig und irgendwie fühlen wir uns wie die letzten Reste der Rebellion gegen das Erwachsen werden. Irgendwann hat es uns abgehängt und der Lebensweg, für den wir uns entschieden haben, hat uns geradewegs vorbei an „Mein Haus, mein Auto, meine kapitalgedeckte Altersvorsorge und meine Wunderkinder“ geführt. Und da stehen wir jetzt so ein bißchen alleine im Nebel, fernab von Haus und Wunderblagen. Sind nie wirklich erwachsen geworden und trotzdem keine Kinder mehr.

Ja, wir zahlen unsere Miete und gehen arbeiten, haben Versicherungen, können es uns leisten teure Cocktails zu trinken statt uns an einem Glas Bier den ganzen Abend lang festzuhalten und wir fahren nicht mehr die letzten Schrottkarren, die wir uns für die paar mühsam zusammen gesparten Kröten gerade noch leisten konnten. Okay, okay, ich korrigiere … Ich fahre eine zwanzig Jahre alte Karre, aber mein kleines blaues Auto ist keine Schrottkarre, bitteschön und dankeschön, sondern eine Lebenseinstellung …

„Wollen wir heute was trinken gehen?“ fragt sie mich und ich hab da so spontan mal zugesagt. Und damit fing es an. Wo geht man denn heute so als Mittdreißiger hin? Die Kneipen und Szene-Treffs, in denen wir vor zehn, fünfzehn Jahren unterwegs waren, die gibt es nicht mehr. Wenn es sie noch gibt dann läuft da die Jugend von heute herum. Und ehrlich gesagt fand ich besoffene Teenager schon so richtig scheiße als ich selber noch einer war. Also Teenager jetzt, so in nüchtern und nicht als besoffene Ausgabe. Ich war in meinem Leben nur einmal bis zum bitteren Ende betrunken – der daraus resultierende Kater hat mich für den Rest meines Lebens von dem Mythos des „Alkohol vertragen ist doch cool“ kuriert.

Wir sind Mittdreißiger und heute gibt es Google. Was liegt da näher als einfach mal so online zu recherchieren wo man denn so hin gehen könnte … Sagen wir mal so, Google war da nicht sehr hilfreich. Nach zwei Stunden Diskussion via Chat haben wir uns dann für eine Kneipe hier um die Ecke entschieden. Nur um festzustellen daß die Musik viel zu laut ist um sich entspannt unterhalten zu können. Wir sind wohl doch in dem Alter in dem wir uns nicht mehr den ganzen Abend lang anschreien wollen.

Also haben wir uns dann eine Stunde später wieder nach draußen verlagert. Um etwas ratlos zu überlegen, was wir jetzt so machen. War ja schließlich erst kurz nach neun. Sich um kurz nach neun an einem Samstagabend geschlagen geben nur weil man die letzten zehn Jahre nicht mit gekriegt hat wo man so in seinem Alter hingeht? Nö, geht mal gar nicht. Haben wir auch nicht einsehen wollen.

Und wenn man nicht weiß wo man so hin fahren soll, dann fährt man halt ins Centro. Denn wenn alle Stricke reißen geht Centro immer. Sind wir von früher, als alles besser war, noch so gewöhnt. Einen Platz, wo man einen Cocktail (oder Tee) trinken kann, findet man dort mit Sicherheit. Wenn man sich merkt in welchem Parkhaus man sein Auto abgestellt hat, dann findet man am Ende des Tages auch problemlos das Auto wieder. Also nach Oberhausen gefahren, Auto abgestellt und einen Platz unter einem Heizpilz in einem Biergarten gefunden. Alles schick.

Als Mittdreißiger geht man aus dem Haus um sich bei teuren Getränken zu unterhalten. Und so zu tun als würde man die Junggesellenabschiede, die da über die Promenade turnen, einfach nicht sehen. Am Ende tut es verdammt gut einfach mal aus diesem Routine-Dreieck von Büro, Sport und Couch ausgestiegen zu sein. Ich mag spontane Aktionen, ich bin nicht so unbedingt der Typ dafür, Verabredungen wochenlang im Voraus zu planen. Leider habe ich nicht mehr viele Menschen, die diese Art der Spontanität noch an den Tag legen oder legen können. Oder vielleicht auch wollen.

Als wir so zu zweit im Auto sitzen und ich mein zwanzig Jahre altes Gefährt in die generelle Richtung von nach Hause lenke ist es viertel nach eins. Und wir schauen uns an und können nicht mehr sagen wann wir das letzte Mal an einem Samstag erst mitten in der Nacht nach Hause gekommen sind. What the fuck? Wenn das Älter werden ist, dann will ich das nicht.

Graue Haare und Falten? Meinetwegen. Bis zur Rente den ewig gleichen Trott? No way! Ich will die Spontanität zurück. Ich will DocMartens, laute Musik im Autoradio und erst Sonntags morgens um zwei nach Hause kommen wenn ich Bock drauf hab. Ich will spontan ans Meer fahren und nicht erst Monate vorher einen Termin dafür erstellen müssen nur damit es am Tag X dann regnet. Ich will einfach mal wieder ins Kino gehen weil halt grad ein geiler Film läuft, nicht für die nächsten Monate den Kinoplan im Kopf haben und meine Termine danach richten.

Ich habe Angst vor diesem Routine-Dreieck. Ich will nicht, daß es mein Leben auffrißt und alles, was ich noch zu sagen habe mit dem Satzanfang „Weißt Du noch, damals …“ beginnt.

Erwachsen werden? So ganz in echt jetzt? Muß ich auch nicht haben. Oder?

5 Gedanken zu „A night out in town …“

  1. ich bin immer wieder mal im Leben in solche Routine-Dreiecke geraten. Irgendwie habe ich mich aber auch immer wieder daraus gelöst, und umsomehr habe ich es wieder genossen 🙂
    Vor 3 Jahren habe ich mich z.T. aus dem Kleinkind-Dreieck gelöst, nun breche ich seit ein paar Monaten wieder kräftig aus. Schön ist das!!!

    Ich finde also nicht, dass es zwingend etwas mit dem Alter zu tun hat. Sicher bei manchen, aber nicht allen. Es sind wohl eher die Lebenssituationen, die einen einsperren. Und mit dem Alter verändern sich auch die Ansprüche, also muss man eh von Zeit zu Zeit neue “Lokalitäten” suchen 😉

    Wenn Du hier bist, machen wir spontan was “Ausbrechendes” 😀

    1. Au ja. Ich freu mich auf meinen Besuch bei Euch! Und ich will ans Meer, können wir ans Meer fahren? 😉

      Oder irgendwas vollkommen Beklopptes?

    2. Das Meer ist gebongt, und irgendetwas Beklopptes kriegen wir bestimmt auch hin (da waren wir doch mal geübt drin) 😉

  2. Ja! Hier durch Kinder etwas eingeschränkt in der Spontaneität, aber sonst: ja! Ich habe zum Beispiel wahnsinnig gerne Besuch bis mitten in die Nacht, wenn ich schon nicht raus kann oder will. Wobei ich schon ganz schön oft raus kann, weil mein Mann keinen großen Wert auf “raus” legt und ich deswegen ganz entspannt ihn bei den Kindern lassen kann. Nur das zusammen weg gehen muss halt leider (noch) von langer Hand geplant werden, weil der Babysitter ja Zeit (und wir Geld für den Babysitter) haben muss.

    1. Hi Abraxa,

      ich hab ja nicht mal Kinder für die ich eine Betreuung organisieren müsste. Und Cookie ist auch mehr so “Och nö, da draußen ist soviel Welt und ich bleib lieber hier” Typ. Das stört mich prinzipiell auch nicht, ich hab das ja vorher schon gewuußt.

      Besuch bis mitten in die Nacht hab ich auch wahnsinnig gerne. Aber irgendwie ergibt sich da nie die Gelegenheit für. Ich mag auch gerne stundenlang und bis spät in die Nacht (oder den Morgen) mit Leuten zusammen sitzen und quatschen. Also mit Leuten, die mehr zu sagen haben als nur Gemecker über Wetter …

      Hach ja. Vielleicht liegt es daran daß ich keine Clique mehr habe – so wie früher. Da kam halt immer jemand vorbei oder hatte Zeit … Jetzt wohnen meine Freunde in drei Bundesländern verstreut, da fährste nach Feierabend nicht mal eben spontan ins Kino :-/

      Liebe Grüße,
      Mirtana

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert