Frühsport. In diesem Wortkonstrukt stecken zwei Konzepte, die mir alleine schon suspekt sind. Früh, alles was „früh“ beinhaltet kann, abgesehen vielleicht von Frühstück, nichts Gutes sein. Früh aufstehen zum Beispiel. Ich halte das nach wie vor für Körperverletzung, auch wenn ich letztes Jahr eigentlich ganz gut gefahren bin mit dem Experiment morgens um fünf Uhr aufzustehen. Das hat so lange gut funktioniert bis mir mein Privatleben um die Ohren gekracht ist und ich geschlagene vier Wochen lang unser Mupfelheim nur noch zum Schlafen und Cookies Wäsche waschen betreten habe.
Man macht ja auch nicht viel schmutzig oder chaotisch wenn man nie da ist. Jetzt arbeite ich allerdings vierzig Stunden die Woche. Jeden Tag acht Stunden. Danach habe ich viel aber meistens keinen großen Bock mehr mich noch in irgendeiner Art und Weise körperlich zu betätigen – sieht man mal von meinem Yoga-Kurs ab. Denn Bewegung macht mich wach. Das ist dann schon suboptimal wenn man um zwölf noch hellwach durch die Bude turnt, der Wecker dafür wieder um sechs Uhr anfängt zu klingeln. Und mit weniger als sechs Stunden Schlaf funktioniere ich nicht gut. Eigentlich mehr so … gar nicht. Ich brauche mindestens sieben Stunden. Mehr geht immer, natürlich.
Bewegung macht mich nicht nur wach und hindert mich somit am Einschlafen, ich stehe auch vor dem Problem, daß zum einen nachmittags das Schwimmbad viel zu voll ist um einfach in Ruhe meine Bahnen schwimmen zu können. Und zum anderen gehen mir im Studio die ganzen „ich hab von Beruf reich geheiratet“ und sonstige Zicken auf den Keks, die da so am späten Nachmittag, frühen Abend schaulaufen. Ehrlich gesagt, habe ich nach der Arbeit meistens schlicht und ergreifend keinen Bock mehr auf etwas, das mit mehr Anstrengung als Hintern auf der Couch parken verbunden ist.
Also stehe ich für meine Verhältnisse mitten in der Nacht auf, klemme mir meine Sporttasche unter den Arm und stolpere zu meiner Garage, falle in mein Auto und stolpere um sieben ins Schwimmbecken. Oder aber um sechs Uhr ins Studio. Wobei, wenn man es wirklich genau nimmt, ist aufstehen jetzt nicht das Wort, was man für den morgens hier im Hause stattfindenden Prozeß wählen sollte. Akurat beschrieben muß es heißen „ich und meine schlechte Laune fallen morgens unmotiviert aus dem Bett.“
Erzähle ich anderen Menschen, daß ich eben morgens vor der Arbeit (habe ich schon mal erwähnt, daß ich Gleitzeit echt liebe? Nein?) entweder schwimme oder Krafttraining mache, dann kann ich im Kopf leise bis drei zählen bis ich höre „Krass. Also ich könnte das nicht, so früh aufstehen für Sport und dann noch arbeiten danach.“
Ich möchte dann immer heftig mit dem Kopf nicken und zustimmen „Boah, echt. Ich kann das auch nicht!“ Bis ich merke, daß gerade von mir die Rede ist. Und niemand weiß welcher Krampf das jeden Morgen ist. Jeden. Verdammten. Morgen.
Ich hab mir mittlerweile schon angewöhnt die Sportsachen abends zu packen. Und die Tasche irgendwo in der Nähe der Türe zu parken. Denn noch Tasche packen morgens? Da vergesse ich nur wieder die Hälfte. Wie zum Beispiel so lustige Dinge wie frische Unterwäsche. Im nassen Badeanzug drunter durch die Weltgeschichte eiern ist jetzt nicht so die prickelnde Erfahrung, die ich unbedingt wiederholen möchte.
Im Normalfall sieht das hier morgens mehr so aus:
- Der Wecker klingelt. Um kurz nach fünf. Sehr leise, in der Hoffnung Cookie damit nicht zu wecken.
- Ich mache den Wecker aus und eine leise Stimme in meinem Kopf fragt mich ob ich noch alle Latten auf dem Zaun habe. Fünf Uhr? Ernsthaft?
- Ich drehe mich um und versuche wieder einzuschlafen. Meistens klappt das eher weniger. Weil meinem Körper einfällt daß man ja mal auf Toilette gehen könne wenn man denn schon wach sei.
- Ignorieren der vollen Blase hilft nur bedingt. Also falle ich aus dem Bett und schlurfe den Flur entlang Richtung Bad – sehr häufig falle ich dabei fast über die Sporttasche.
- Ich sehe die Sporttasche und denke mir „Joah, da war was.“ Die Sporttasche schaut mich motiviert an, ich ignoriere sie ebenso motiviert.
- Die leise Stimme in meinem Kopf sagt Dinge wie „ist viel zu kalt, nass, windig, dunkel, warm, schwül oder weiß der Geier was für Sport, geh mal wieder Bett.“
- Ich stimme der Stimme in meinem Kopf zu. Und kriege, zusätzlich zu meiner üblichen Morgenmuffeligkeit, beim Gedanken, mich gleich körperlich zu betätigen, schlechte Laune.
- Die Sporttasche immer noch ignorierend marschiere ich wieder Richtung Schlafzimmer. Da meldet sich eine weitere Stimme. Wenn ich jetzt den Arsch nicht hoch bekäme könne ich ja nach der Arbeit zum Sport und wäre doch jetzt schon schön, noch so ein Stündchen im Bett vor sich hin schlafen.
- Was eine dritte Stimme auf den Plan ruft, die höhnisch lachend meint, daß das ja wohl mal der Witz des Jahrhunderts sei. Als ob ich nach der Arbeit ernsthaft noch zum Sport gehen würde, also echt jetzt. Überhaupt, was soll die ganze Nummer mit dem Sport? Braucht doch keine Sau!
- Mittlerweile ist halb sechs und in meinem Kopf streiten sich bereits drei Stimmen darüber warum es keine gute Idee sei morgens um fünf das Bett zu verlassen um so etwas dämlichem wie körperlicher Bewegung nach zu gehen. Wie soll man bei dem Lärm denn bitte schlafen?
- Also verlasse ich das Bett wieder, meine schlechte Laune hat sich durch das Geschrei diverser Schweinehunde und schlechter Gewissensteufel auch nicht nennenswert verbessert.
- Immer noch müde und muffelig, zusätzlich garniert mit schlechter Laune, stopfe ich meinen trägen Körper in Kleidung und verlasse mit düsteren Gedanken Mupfelheim. Um Frühsport zu betreiben. Was eine vierte Stimme mit Lob und Zustimmung kommentiert. Der vierten Stimme möchte ich gerne den Hals umdrehen.
Das sind die Tage, an denen ich gewinne. Beim Schwimmen oder Krafttraining habe ich dann endlich wieder Ruhe im Kopf. Und an Tagen, an denen ich nicht gewinne? An denen haue ich den Stimmen auch einfach nur aufs Maul, drehe mich wieder um und schlafe weiter. Um mich dann den halben Tag über mich selber zu ärgern. Was wiederum nicht dazu führt, daß sich meine Laune in Gefilden ansiedelt, die man als „gut“ bezeichnen könnte.
Jetzt kann man viel euphorisches Blabla über die Vorzüge von Frühsport lesen. Wie toll das doch wäre und wie gut und überhaupt und haste nicht gesehen. Die Verfasser dieser euphorischen Blabla Artikel haben mich noch nicht morgens um viertel nach sechs am Beinstrecker oder im Schwimmbecken gesehen. Meine Laune bessert sich meist erst wenn das Training beendet ist und ich duschen gehen kann. Dann sind auch alle Systeme endgültig hochgefahren und ich bin etwas, das man optimistisch verhalten als „wach“ anerkennen kann.
Und wirklich gute Laune habe ich auch erst wenn ich was zu Frühstücken bekomme. Denn mitten in der Nacht aufstehen ist schon anstrengend genug, ich habe weder die Zeit noch die Lust mir auch noch etwas zu essen zu machen. Frühstück gibt es wenn ich dann im Büro bin.
Wehe dem, der es dann wagt zwischen mich, meinen Hunger Marke „ich könnte jetzt ein halbes Schwein auf Toast“ und mein Frühstück zu geraten. Kriege ich dann was Leckeres zu essen klopft mir ein kleines Stimmchen anerkennend auf die Schulter und sagt „Boah, haben wir doch wieder super hin gekriegt! Morgen wieder?“
Halt die Fresse, Stimmchen!
Haha, da denke ich auch gerade drüber nach. Bin aber noch in der Überlegungsphase. Gestern Abend bzw. heute früh hat es mich gerettet, dass das Schwimmbad zwar eigentlich um 7 Uhr morgens öffnet, aber mittwochs dann doch erst um 9 Uhr. Das ist zu spät. Also, puh, noch mal davongekommen. Aber morgen???
Ich muss so grinsen. Das kenne ich total gut und dabei schaffe ich es nicht mal meinen Körper zu Sport zu bekommen. Also ziehe ich meinen imaginären Hut vor dir. Vielleicht sollte ich mir ein Beispiel nehmen, heute früh ins Bett und morgen um 5 Uhr raus. Mal gucken was meine Stimmen im Kopf dann so sagen. Ich bin da nämlich auch eher morgenmuffelig ;o)
Liebe Grüße, Carmen
mich müssen die Umstände erst dazu zwingen, Sport zu machen. Z.B. wenn mein Auto länger in der Werkstatt ist als geplant und ich Kind wegbringen und dann zur Arbeit muss… und das mit Bus nicht machbar ist… aber dann bringt es Spaß 😀