Ich bin nicht im Weihnachtsstress. Wie jedes Jahr versuche ich den marktschreierischen Rummel um das „Fest der Liebe“ nach Kräften zu ignorieren. Stattdessen bin ich sehr beschäftigt damit, Neues zu lernen. Aufgaben zu identifizieren, zu sortieren und für mich in Routinen zu überführen. Daneben bastel ich an Listen und Vorlagen, ich habe solche Sachen gerne einheitlich. Meinen Excel-Listen sieht man sofort an, daß sie von mir erstellt und formatiert wurden. Und weil ich ein fauler Mensch bin, sollen mir Vorlagen für Dokumente möglichst viel Zeit sparen. Ich möchte zum Beispiel auf einem Blatt ein Datum eingeben können und die drölfzig anderen Tabellenblätter errechnen dann alles mögliche automatisch, was ich sonst mühselig zu Fuß anpassen müsste. An so etwas habe ich Spaß.
Und ich kann damit eine Menge Zeit verbringen. Von daher freue ich mich, trotz allem Gejammer und Gestöhne, das darf man in diesem Zusammenhang getrost ignorieren, wenn mir jemand die Gelegenheit gibt, mich in diesem Bereich auszutoben. So bin ich seit Mitte November damit beschäftigt, mich mit den Eigenheiten meines Nebenjobs vertraut zu machen. Das ist durchaus spannend, gefühlt habe ich dort freie Bahn um die Vorstellung umzusetzen, die ich von guter Organisation habe.
Das führt dazu, daß ich seit einigen Tagen darüber nachdenke, was eine gute Assistenz eigentlich ausmacht. Und wie ich zu einer solchen werde. Ich möchte nicht die Art von Geschäftsführerin sein, die glaubt, ihr Job bestünde darin, bunte Glaskugeln in die Luft zu schleudern wie ein schlecht bezahlter Jahrmarktsgaukler, um sich entspannt in den Sessel zu fläzen in der heiligen Überzeugung, irgendein anderer Depp wird schon verzweifelt versuchen, die Kugeln aufzufangen bevor sie auf dem Boden zerbersten. Um dem armen Deppen am Ende noch glaubhaft zu versichern, es sei seine Schuld, daß der Boden nun von Scherben übersät ist, weil er nicht schnell genug reagiert habe.
Ich habe den Anspruch an mich, verläßlich zu sein in dem, was ich tue. Das heißt eben nicht, chaotisch und ohne System zerbrechliche Bälle durch die Gegend zu werfen, garniert mit der Dreistigkeit, daß dabei entstandene Chaos auch noch als „Flexibilität“ zu verkaufen. Wenn, dann räume ich die zerbrechlichen Gebilde aus dem Weg und stelle sicher, daß sie nicht irgendwo im Halbdunklen als fiese Scherben enden, in die andere unbedarft hinein latschen. Ordnung ist kein Naturgesetz, die muß man sich tatsächlich erarbeiten. Und für mich erfolgt aus Ordnung erst die nötige Übersicht, die ein gefahrloses Weiterreichen von Glaskugeln, für die ich nicht zuständig bin, überhaupt ermöglicht.
Dazu kommt, daß ich als Fraktionsgeschäftsführerin auch keinen Straßenkehrer habe, den ich hinter mir her dackeln lassen könnte um mich wie ein untalentierter Jahrmarktsgaukler aufführen zu können. Vorausgesetzt, ich wollte das. Was ich hingegen will, ist Professionalität. Selbst wenn es sich nur um einen Nebenjob handelt, dann möchte ich den gut machen und die Fraktionsgeschäfte auf eine solide Basis stellen, damit die Arbeit weiter läuft. Selbst, wenn ich mal nicht da bin, soll eine Vertretung offene Aufgaben so vorfinden, daß diese vernünftig zu Ende geführt werden können.
Bis dahin ist es allerdings noch ein Stückchen Weg. Mit einer Menge Arbeit und noch mehr Gehirnschmalz, das ich da hineinstecken muß. Mit großer Sicherheit werde ich noch in die ein oder andere Stolperfalle geraten. Was ich gar nicht schlimm finde. Auch wenn mich meine Fehler immer wahnsinnig ärgern, sind sie eine prima Gelegenheit, die eigene Arbeitsweise auf den Prüfstand zu stellen und im besten Falle zu optimieren. Lange Rede, kurzer Sinn: im Moment habe ich eine Menge Spaß, mich in die neuen Aufgaben hinein zu friemeln.
Weil ich nicht nur arbeite, war ich am Samstag in der Lichtburg Essen. Zur Premiere von „Jetzt. Wohin.“ mit anschließender Podiumsdiskussion. Und der Film hat mich, ehrlich gesagt, recht ratlos zurück gelassen. Nicht, weil er schlecht wäre. Sondern weil er Fragen aufwirft, die noch eine ganze Zeit nachklingen. Ich bleibe dabei, wir hätten einen Menschen zum Kanzler haben können. Stattdessen haben wir Friedrich Merz, der mit Antworten aus dem vergangenen Jahrhundert versucht, die Fragen der Zukunft zu beantworten. Das ist nicht mein Kanzler, echt nicht. Und mir graut jetzt schon vor den nächsten Bundestagswahlen.
Und sonst nutze ich mein bißchen Freizeit zum Lesen. Oder Socken stricken. So ein paar Seiten oder Reihen sind immer irgendwie drin. Damit werde ich vermutlich keinen Preis im Schnellstricken gewinnen oder meinen Stapel ungelesener Bücher in Rekordzeit reduzieren, aber wen juckt das schon?
Übrigens ist ein Tubby Nugget bei uns eingezogen. Der beste Ehemann von allen hat den putzigen Kerl klammheimlich gekauft. Und weil der aus den Staaten kommt, war er nicht nur sehr lange unterwegs, sondern hat auch böse was an diversen Abgaben und Versand gekostet. Andere Haushalte haben einen Weihnachtswichtel, wir haben stattdessen einen Tubby Nugget. Und seit dem Einzug des Plüschdings spielen Cookie und ich das Spiel, ihn irgendwo so in der Wohnung zu platzieren, daß der andere überrascht ist. Sorgt für tägliche Lacher. Lachen kann schließlich nie verkehrt sein.
Ja, ich weiß. Wir sind dezent komisch. Tadaaa. Aber wir sind das mit voller Begeisterung.

