Zu Besuch im Fränkischen Freilandmuseum

Ich behaupte von mir des Öfteren, ich sei so etwas wie ein Geschichtsnerd. Ich liebe nicht nur Sachbücher und Dokumentationen zu diversen Themen der Weltgeschichte, Museen üben ebenfalls eine magnetische Anziehungskraft auf mich aus. Cookie kennt das schon. Im Urlaub wird er meist mit einem Buch irgendwo in einem Café installiert während die Frau sich alte Dinge und Gemäuer zu Gemüte führt. Oder der arme Mann wird direkt zurück gelassen, soll schon vorgekommen sein. Und weil ich letztens so praktisch in der Nähe war, mir mehrere Menschen es bereits empfohlen hatten, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf und stattete dem Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim einen Besuch ab. 

An einem bundesweiten Feiertag. Bei perfektem Wetter. Sonne, angenehme Temperaturen, Schäfchenwolken am Himmel. Herbst wie aus dem Bilderbuch. Tja, an einem solchen Tag bin ich wohl nicht die Einzige mit der glorreichen Idee, den Tag in einem Freilandmuseum verbringen zu wollen. Der Parkplatz ist am frühen Mittag bereits gerammelt voll, mit viel Glück erwische ich den letzten Parkplatz in Eingangsnähe und quetsche die Firmen-Laura in genau die Lücke, in die der SUV Fahrer vor mir verzweifelt sein Auto parken wollte und nach dem xten Versuch sein Unterfangen aufgegeben hat. Noch so ein Grund, warum ich mir nie so einen aufgeblasenen Ochsenfrosch anschaffen würde.

Dann wollen wir mal. An der Kasse klärt sich dann auf, warum es heute, abgesehen vom schönen Wetter, so voll ist: im Museum sind Mittelalter-Tage. Das Museum ist in mehrere Epochen aufgeteilt und im Mittelalter-Ensemble finden an diesem Wochenende Vorführungen zu verschiedenem Handwerk statt, die von engagierten Mitgliedern diverser Mittelalter-Vereine auf die Beine gestellt werden. Ich denke mir „Hach, Glück muß der Mensch haben“ und mache mich auf den Weg, das wirklich sehr weitläufige Gelände zu erkunden.

Kleine Ställe, Fachwerkhäuser mit spitzen Giebeln, enge und steile Treppen, die laut knarzen, beispielhaft eingerichtete Bauernstuben und niedrige Türstürze. Nichts für groß gewachsene Menschen, ich höre den ein oder anderen, dessen Stirn schmerzhafte Bekanntschaft mit diversen Balken macht. Was ich gepflegt ignoriere? Die vielen Eltern, die ständig ihre Brut ermahnen, doch bitte nichts anzufassen. Die pädagogisch wertvolle Aufforderung „Torben-Lasse-Emil, möchtest du das bitte wieder weglegen?“ interessiert die Lendenfrucht eher weniger, schleppt sie doch freudestrahlend das antike Bügeleisen durch die Gegend, um es der pädagogisch wertvollen Elternschaft mit Schmackes vor die Füße zu werfen … Deswegen habe ich keine Kinder, ich würde in solchen Situationen sehr unpädagogisch ausrasten wenn mein Nachwuchs alles antatscht.

Als ich im Mittelalter-Teil ankomme finde ich ein lebendiges Treiben vor. Menschen in Gewandung laufen umher und stehen an Ständen, zeigen und erklären altes Handwerk. Ich lerne, was ein Paternosterer ist, wie man Kettenhemden und Bögen gebaut hat, wie viel Arbeit in einem einfachen Kleid steckt, wie Wolle gesponnen werden mußte damit die Socken lange halten und wie ein Bader gearbeitet hat … Und, und, und …. Mit dem ein oder anderen Menschen komme ich ins Gespräch nachdem die anderen Besucher, die mit mir am Stand zugeschaut haben, bereits weiter gezogen sind.

Ich bin begeistert und ich finde es toll, mit wie viel Detailwissen und Liebe die Darsteller das Mittelalter zum Leben erwecken. Mich steckt die Begeisterung solcher Menschen immer an. Ich kann da voll drin eintauchen, wenn jemand mir mit so viel Enthusiasmus Details erklärt oder Fragen beantwortet und sich erkennbar darüber freut, jemandem mit ehrlichem Interesse und einer Menge Rückfragen vor sich stehen zu haben. Aus solchen Gesprächen gehe ich nie raus, ohne dabei etwas gelernt zu haben. Und sei es nur, was ein Paternosterer ist und daß das Mittelalter bunter war, als man das aus Hollywood Filmen zu wissen glaubt.

Mit dem ein oder anderen Darsteller verquatsche ich mich und so bleibt mir am Ende keine Zeit mehr, mir noch den Rest des Museums anzuschauen. Wie gesagt, das ist ein wirklich weitläufiges Gelände. Werde ich wohl noch mal wieder kommen müssen, um mir den Rest auch noch anzuschauen. Im kleinen Shop des Museums erstehe ich noch einen großen Kanister Apfelsaft aus eigener Herstellung, die Bäume finden sich überall auf dem Gelände.

Der Geschichtsnerd in mir hat den Tag in vollen Zügen genossen und wieder etwas gelernt. Wenn es Euch mal in die Nähe von Bad Windsheim verschlägt, dann kann ich Euch nur empfehlen, einen Tag im Fränkischen Freiwaldmuseum einzuplanen. Es lohnt sich. Auch für Menschen, die nicht so auf Geschichte versessen sind wie ich. Nicht vergessen, den Kopf einzuziehen. Die Türstürze sind da sehr niedrig.

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