My Heart skips, skips a Beat - Motorrad Honda Deauville Schwarzweiß

And my Heart skips, skips a Beat (Vol. II)

Eine halbe Minute vor dem gestellten Wecker werde ich wach und bin erst einmal irritiert. Wo bin ich hier und warum ist das Bett so klein? Und wieso klingelt der Wecker, es ist doch Sonntag? Oder etwa nicht? Es dauert einen Moment, bis ich mich verortet habe und die Frage klären kann, warum am Sonntag, noch dazu im Urlaub, mein Wecker klingelt … Tja, manchmal dauert das mit der Erkenntnis eben ein wenig länger.

Mein lieber Herr Gesangsverein, bin ich über Nacht plötzlich achtzig geworden? Die über dreihundert Kilometer Kurven gestern haben ihre Spuren hinterlassen. Wenn man halt nix mehr gewohnt ist und obendrein noch alt wird. Nach einer warmen Dusche geht es den alten Knochen schon besser, ich räume meine Plörren zusammen und plündere das ausgezeichnete Frühstücksbuffet. Muß mich schließlich stärken bevor ich die zweite Etappe in den Ortenaukreis in Angriff nehme. Zähne putzen, Zimmer räumen, auschecken und dann komme ich auf den Parkplatz, wo das taubedeckte Schwänchen mich bereits erwartet.

And my Heart skips, skips a beat.

Wir starten von Heidesheim über Bundesstraßen Richtung Pfalz. Es ist gerade mal neun Uhr, Sonntags sind die Straßen wie ausgestorben, die Bürgersteige hat noch keiner herunter geklappt und die Sonne ist auf dem Weg zur vollen Kraft. Ich kann im Morgendunst bereits das nächste Kurvenrevier am Horizont erkennen. Doch erst einmal raus aus dem recht flachen Land. Schräglage erlauben nur die Kreisverkehre alle paar Meter. Bei jedem Kreisverkehr zieht sich ein breites Grinsen über mein Gesicht. Weil ich an die Hochzeitsgesellschaft von gestern denken muß.

Irgendwo im Westerwald, ich hab mir leider nicht gemerkt, wo genau, ging es an einem Kreisverkehr in einem kleinen Ort plötzlich nicht mehr weiter. An zwei Ausfahrten stauten sich die Mopeds während im Kreisverkehr ein großer Traktor (oder Trecker? Gibt es da einen Unterschied?) mit Schaufel seine Runden drehte. In der Schaufel saß bequem ein frisch vermähltes Ehepaar. Der Traktorfahrer hupte, was das Zeug hielt und alle Mopedfahrer zur Antwort ebenso. Die Braut strahlte bis über beide Ohren und winkte uns auf den Zweirädern wie wild zu bevor der große Traktor den Kreisverkehr verließ und ein ganzer Konvoi von Oldtimer Traktoren den Kreisverkehr enterte und dem Brautpaar folgte. Würde mal sagen, die sind mit sehr lautem Getöse in ihre Ehe gestartet. Alles Gute, unbekanntes Brautpaar!

Während ich so vor mich hin sinnierend Kreisverkehr um Kreisverkehr durch fahre, lasse ich den Rhein weit hinter mir und nähere ich mich den verheißungsvoll am Horizont sichtbaren Erhebungen des Donnersbergkreises in der Pfalz. Nach Kriegsfeld verlasse ich die L404 und biege auf die K33 ab. Mittlerweile ist es kurz nach zehn. Es wäre an der Zeit, Cookie ein Lebenszeichen zukommen zu lassen, kommt es mir kurz nach Würzweiler in den Sinn. Allerdings wird es jetzt ein wenig dauern, bis sich die nächste Möglichkeit, eine Rast einzulegen, ergeben wird. Menschenleere Gegend, einsame Straßen durch Feld und Wald …

And my Heart skips, skips a Beat.

Eine wunderbare kleine Straße, ganz ohne Schlaglöcher und Straßenschäden, führt mich weiter und schenkt mir nicht nur feine Kurven, sondern auch grandiose Aussichten in der morgendlichen Sonne. In Falkenstein finde ich einen Wanderparkplatz und nutze die Gelegenheit, mich bei Cookie zu melden. Der ist mit Beschleunigungsmonster und Moped auf Anhänger schon Samstag Abend wohlbehalten am Ziel angekommen. Ich habe noch über zweihundert Kilometer zu fahren, dann kann ich Cookie in die Arme schließen, die Füße hoch legen und den Blick ins Tal genießen.

Ich verspreche, vorsichtig zu fahren und dann sind wir wieder unterwegs. Im Helm läuft die Playlist von “Sons of Anarchy”, ich finde das sehr passend. Und kaum bin ich von dem Wanderparkplatz runter, da fällt mir auch schon das Herz in die Hose.

And my Heart skips, skips a Beat.

Falkenstein besitzt nicht nur eine Burgruine, sondern auch eine der steilsten öffentlichen Straßen Deutschlands. Bei fünfundzwanzig Prozent Gefälle fühlt es sich mehr an, den Berg hinunter zu fallen als ihn zu fahren. Und die enge Kurve, die auf meinem Display total harmlos daher kommt, fahre ich mit Schrittgeschwindigkeit während mir das Herz Stakkato gegen die Rippen hämmert.

Das Schwänchen und ich überleben dieses Hindernis mit Bravour. Und weiter geht es, über Berg und Tal, durch Wälder und Weinberge Richtung Kaiserslautern, was wir allerdings rechts liegen lassen. Kurz nach Eselsfürth geht es auf der K13 über die A6 und ich finde, an den Ausläufern des Kaiserslauterner Stadtgebietes die bescheidensten Straßen auf der ganzen Tour. Die schlagen sogar die Buckelpisten in Essen weit aus dem Rennen … Als ich dann ein Schild sehe, auf dem “Panzerkaserne” steht, ist mir auch klar, warum die Straßen hier so aussehen als wäre seit 1945 nix mehr dran gemacht worden. Ich wußte gar nicht, daß die Amerikaner einen Stützpunkt in Kaiserslautern haben, mir war nur Ramstein bekannt. Da sag doch mal einer, Reisen bildet nicht.

Nachdem ich die kaputten Straßen passiert habe, geht die Reise weiter. Calimoto führt mich auf der B48 durch den Pfälzerwald. Ab und zu passieren wir eine kleine Ansiedlung, doch ansonsten gibt es dort nicht viel an Häusern oder gar Menschen. Aussicht und Kurven, davon allerdings hat es genug. Sonne, Aussicht, Kurven und mein zuverlässiges Motorrad.

And my Heart skips, skips a Beat.

Im Nachhinein, während ich das hier tippe, ärgere ich mich darüber, unterwegs so wenig Bilder zu machen. Dabei schleppe ich die Kamera immer mit und so oft denke ich mir “Ach, eigentlich müsstest du mal anhalten zum Fotografieren” … Und dann fahre ich doch weiter. Denn Deutschland hat wirklich unglaublich schöne Ecken. Hilft ja alles nix, dann eben keine Fotos. Müßt Ihr Euch auf mein Wort verlassen, daß es zwischen Kaiserslautern und Waldhambach in der Tat ein hübsches Fleckchen Erde hat.

Hinter Waldhambach verlasse ich die B48 und wende mich Richtung Göcklingen. Der Wald macht Weinbergen Platz und in jeder Ortschaft, die ich durchfahre, riecht es nach Weintrauben. Es ist hübsch hier, mir gefallen die Häuser und kleinen Dörfer. Die Weinberge zeigen einen ersten, zarten Versuch von Herbstfarben, die Sonne steht mittlerweile hoch am Himmel und es wird tatsächlich recht warm.

And my Heart skips, skips a Beat.

In Kandel tanke ich nicht nur, sondern entscheide mich auch dafür, den Rhein zu überqueren indem ich kurz auf die Autobahn fahre. Ich habe keine Lust, irgendwo ewig auf eine Fähre zu warten oder vierzig Kilometer durch Frankreich zu gurken um zur nächsten Rheinbrücke zu kommen. Also ab auf die A65, dem Rhein freundlich gewunken und wieder runter von der Autobahn. Von hier aus sind es noch gut hundert Kilometer bis ans Ziel.

Die Zeit vergeht schnell zwischen Karlsruhe und Baden-Baden. Und dann kommt der Teil, auf den ich mich schon seit Wochen gefreut habe: die Schwarzwaldhochstraße, eine von Deutschlands ältesten Ferienstraßen. Auf der ich letztes Jahr ausgiebig geduscht worden bin mit Dauerregen und einer Sichtweite von maximal dreißig, vierzig Metern. Doch dieses Jahr habe ich Glück, das Wetter ist super, die Sicht klar und der Ausblick grandios.

And my Heart skips, skips a Beat.

Und so schraube ich mich von Baden-Baden die B500 hoch. Gut, Sonntags bei dem schönen Wetter ist auf der Strecke eine Menge los. Gefühlt fahre ich die nächste Stunde einhändig weil ich ständig entgegen kommende Biker grüße. Nicht nur jede Menge Motorräder sind unterwegs, viele älterer Herren mit sehr jungen Damen in Cabrios, die ich mir im Leben nicht leisten könnte … Profitip: wenn vor Dir so ein Obenohne-Auto mit knapp vierzig Sachen entlang schleicht, wo man eigentlich siebzig fahren dürfte, dann schau beim Überholen nicht so genau hin … Klar, daß man sich nicht aufs Fahren konzentrieren kann wenn die junge Okkupantin des Beifahrersitzes mit der Hand in der Hose des Fahrers herumfuhrwerkt … Sachen gibt’s.

Aussicht Parkplatz an Schwarzwaldhochstraße - And my Heart skips, skips a Beat

Die letzte Viertelstunde, nachdem ich den älteren Herren mit seinem Schmusi überholt habe, kleben mir drei Jungs auf Supersportlern am Hintern. Das Gedrängel finde ich etwas unangenehm, auf der B500 ist zum größten Teil halt nur siebzig erlaubt und da dort gerne kontrolliert wird, fahre ich nicht schneller. Bei der nächsten Gelegenheit steuere ich einen Parkplatz an, um die Supersportler los zu werden.

Tja, die scheinen die gleiche Idee gehabt zu haben. Die drei stellen fest, daß das tatsächlich eine Deauville sei und ich in der Tat eine Frau. Ach? Offenbar schien man über Helmfunk diskutiert zu haben, was das silberne Dings mit dem kleinen, dicken Menschen drauf genau sein soll. Man hätte ja nicht gedacht, daß man eine Deauville so tief in die Kurven legen könne … Doch, man kann damit ganz gut Kurven fahren. Warum sollte man auch nicht? Ich wechsle noch ein wenig Smalltalk mit den drei Supersportlern, bevor diese sich wieder auf ihre Maschinen werfen und lautstark davon brausen. Sachen gibt’s.

Kurz vor Kniebis biege ich auf die B28 ab um nach Bad Griesbach zu gelangen. Und dann hab ich auf dem besten Teil der Strecke einen Reisebus aus der Schweiz vor mir … Hmpf. Allerdings mit einem verständnisvollen Busfahrer, der hält nämlich vor der nächsten Spitzkehre einfach mal an und winkt die hinter ihm her eiernden Mopedfahrer alle vorbei. Vielen Dank, unbekannter Busfahrer!

And my Heart skips, skips a Beat.

Da ich diese Strecke die letzten zwei Jahre schon gefahren bin, hämmert mir das Herz bei der Abfahrt nicht mehr bis in den Hals. Sondern ich kann die Kurven und Kehren genießen. Jetzt ist es nicht mehr weit bis ich am Ziel bin. Noch durch das Petertal und über den Löcherberg. Dann liegen weitere dreihundert Kilometer hinter mir. Und Cookie wartet am Ende der Tour auf mich.

In den Kurorten ist hier meistens dreißig oder vierzig erlaubt und so tuckere ich gemütlich durch die letzten Orte, bevor es über den Paß des Löcherbergs nach Oberharmersbach geht. Die letzten steilen Kurven vor dem Ziel und da ich den Löcherberg mittlerweile gut kenne, fahre ich sehr entspannt und mit ordentlich Schwung hoch und wieder runter.

And my Heart skips, skips a Beat - Aussicht ins Tal über Motorrad-Cockpit

Und dann habe ich mein Ziel erreicht: unsere Ferienwohnung auf dem Billersberg. Zufrieden und sehr verschwitzt, immerhin hat es siebenundzwanzig Grad, mache ich den Motor aus. Da geht die Türe auf und Cookie steht auf der Terrasse.

You know my heart skips, skips a beat
I know I should, but I can’t leave it alone
And when you hold me like this
That′s when my heart skips, skips a beat

640 Kilometer später falle ich meinem Mann um den Hals. Ich bin wohlbehalten angekommen. Habe schöne Ecken von Deutschland gesehen, bin tolle Kurvenstrecken gefahren und habe jeden, na gut, fast jeden, Kilometer davon genossen. Und jetzt? Ist Schwarzwaldurlaub. Mit dem besten Cookie vonne ganze Welt.


Disclaimer: Ich nutze auf dem Motorrad zum Navigieren die kostenpflichtige App Calimoto. Die Kosten dafür trage ich selber und ich erwähne die hin und wieder, weil ich sie zum einen mag und zum anderen nun mal meinen Weg damit finde. Vermutlich heißt das heute “Werbung, unbeauftragt.” Weisste Bescheid, Schätzelein.

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