Es müssen nicht immer 2280 Worte und 54 Bilder sein. Manchmal reichen auch weniger Worte. Und kleine Geschichten, die nebenbei erlebt werden und noch am nächsten Tag ein Lächeln auf die Gesichtszüge zaubern. Manchmal mehr ein breites Grinsen oder ein leises Kichern. Ich mag diese kleinen Geschichten und Begebenheiten des Alltages und ich schäme mich ein wenig, daß ich ihnen in den letzten Monaten so wenig Platz eingeräumt habe.
Leben ist halt nicht nur Ponyhof und auf Grachten herum schippern, Leben ist ganz viel Alltag. Viele schimpfen immer auf ihn, diesen bösen Alltag. Er wäre so furchtbar grau und eintönig. Und was ist Sinnbild unseres grauen Alltages, dessen Hamsterrad jede Woche auf ein Neues angetreten wird? Montag, der arme Kerl, auf dem ständig herum geprügelt wird. Der Montag ist irgendwie der Verlierer unter den Wochentagen. Hat er sich bestimmt anders vorgestellt. Dabei kann der doch auch nichts dafür daß Leute im Anzug, und in meiner Vorstellung waren es Leute in sehr feinem Zwirn, lange vor unserer Zeit beschlossen haben die Arbeitswoche beginne nun mal am Montag. Ein Wochentag mußte halt dran glauben.
An einem Montag darf man durchaus von Herzen lachen, die Leute im Anzug haben wahrscheinlich einfach nie bedacht was sie ihm antun. Die wußten es nicht besser und haben nicht geahnt, daß der arme Montag nun als Prügelknabe herzuhalten habe für unsere Unlust, uns Montags zur Arbeit zu bewegen. Jeden ersten Arbeitstag der Woche fluten diese sinnentleerten Bildchen und klugen Sprüche, die alle diesen verhaßten ersten Tag nach dem Wochenende dissen, meine Timeline. Sie kennen das. Schlimmer noch, Sie teilen das auch noch? Schande. Schande. Schande! Bimmelim.
Vielleicht arbeiten Sie aber auch in dem Supermarkt, in dem ich meine Einkäufe zu tätigen pflege? Dann wäre Montag ein guter Tag für Sie um arbeiten zu gehen. Sie werden etwas zu lachen haben wenn Sie mir dort an einem Montag begegnen. Denn ich kann offensichtlich nicht, wie andere normale Menschen, einfach nur durch die Gänge schlurfen und Servicepersonal spüren lassen daß ich ein Problem mit meinem Montag habe.
Ich schlurfe nun so vor mich hin durch die Gänge bis mir siedendheiß einfällt daß ich Cookie vielleicht vorher fragen sollte ob er etwas braucht. Nachher stehe ich wieder auf dem Parkplatz und muss dann noch mal durch den Supermarkt laufen. Einmal am Tag reicht. Also das Smartphone ans Ohr gepömpelt und den Mann angerufen. Schön, diese modernen Zeiten. Da kann der Partner in Echtzeit beim Einkaufen dabei sein ohne mit körperlicher Anwesenheit glänzen zu müssen! Und natürlich möchte Cookie etwas haben. Gewürzgurken. Nun sollte man meinen, daß es ein Leichtes sei dem weltbesten Cookie von allen diesen Wunsch zu erfüllen.
Zu bedenken gebe ich Ihnen folgendes: ich esse selten Gewürzgurken. Man mag das für verwöhnt halten doch ich verteidige die Weckgläser mit den, von meiner Mutter liebevoll eingemachten, Gewürzgurken mit meinem Leben. Ich esse diese Gewürzgurken mit Genuß und Bedacht. Gegen diesen Hochgenuß mütterlicher Einweckkunst kann ein schlichtes Gewürzgürkchen aus dem Supermarkt einfach nicht anstinken. Ich bin sozusagen ein Gewürzgurken-Snob. Und ich stehe dazu. So, jetzt Sie.
Nun stehe ich also mit dem Smartphone am Ohr vor dem Regal mit den eingelegten Gurken. Und suche verzweifelt nach den von Cookie präferierten „Gürkins“ (Insider) mit Pfeffer. Die hatte er letztens erst. Die waren gut. Ja, aber ob die jetzt Pfeffergurken geheißen hätten? Es gibt keine Pfeffergurken, ich erspähe nirgendwo ein Glas mit der Aufschrift Pfeffergurken. Cookie gibt jetzt, nicht wirklich hilfreiche, Hinweise per Telefon. Vermutlich in der Hoffnung ich würde mit seinen vagen Angaben fündig werden, während ich ihm gefühlt hundert Etiketten vorlese. Ich lese die nicht nur vor, ich kommentiere die auch noch.
Jetzt mal ernsthaft, was für ein Marketingfuzzi läßt sich bitte die „Gurke des Jahres“ einfallen? Naja, wenigstens ist kein Einhorn drauf. Auch so ein Trend, den ich nicht kapiere. Ich kommentiere also in dem exakt bissig-sarkastischen Ton, den man von mir gewöhnt sein sollte, die Etiketten mit den mehr oder weniger komischen Bezeichnungen für schnöde Gurken, in welcher Tunke sie auch immer schwimmen mögen. Denn, ich hätte das auch nicht gewußt, in eingelegten Gurken ist Zucker. Und wir möchten keine Gurken mit über zehn Prozent Zucker in der Tunke.
Neben mir stehen zwei Damen, der zweckmäßigen Bekleidung mit Schriftzug nach zu urteilen in diesem Supermarkt angestellt, und räumen andere Konserven ins Regal. Irgendwann höre ich, wie die Jüngere sagt: „Und ich dachte immer, dieses hilflose Anrufen und hier nicht weiter wissen was sie kaufen sollen wäre ein Männerding!“
Ich muß grinsen. Und lese weiter Etiketten vor, inklusive Information über den Zuckergehalt. Bis Cookie und ich uns auf eine annehmbare Sorte Gewürzgurken geeinigt haben. Erleichtert nehme ich ein Glas aus dem Regal und lege es in meinen Einkaufskorb. An Cookie richte ich derweil folgende Worte: „Okay Schatz. Haben wir das jetzt geklärt und ich kann damit aufhören, hier das Personal zu belustigen?“
Die Damen brechen in schlecht verhaltenes Gelächter aus, ich grinse und bemühe mich nicht auch noch über meinen Einkaufskorb zu stolpern. „Lachen Sie nicht,“ sage ich während meine Mundwinkel nach oben zucken. „Ich habe Sie eben genau gehört! Ihnen kann ich das ja sagen, aber es ist uuunglaublich wichtig daß ich die richtigen Gurken kaufe. Denn wenn ich die falschen Gurken mitbringe muss ich zur Strafe wieder in den Keller!“
Und dann können die Damen nicht mehr ans sich halten. Wir lachen zusammen. Denn ich fände das auch ziemlich lustig müsste ich im Supermarkt Dosen ins Regal räumen und da hüpfte eine kleine, dicke Kundin wie so ein Gummiball bei den Gewürzgurken hin und her, immer schön über den Einkaufskorb, dabei Etiketten vorlesend und selbige kommentierend. Das hier ist kein böses Auslachen. Nein, mitnichten. Das hier ist ein kurzer Moment im grauen Alltag in dem drei Menschen, die sich gar nicht kennen, für einen Augenblick zusammen lachen. Ich finde das nett.
Es hat vermutlich einen Grund warum mich die Menschen, die mir Lebensmittel verkaufen, sogar auf der Straße wieder erkennen und freundlich grüßen.
dat is ma wieder tüpisch Du ;-D
Vermutlich 😉