braune Schreibmaschine auf Schreibtisch, links hochkant der Schriftzug "Dear Diary", unten rechts der Schriftzug "#2: Winter is coming. Bücher auch."

Dear Diary #2: Winter is coming. Bücher auch.

Der Sonntag, an dem mir die Stunde zurück gegeben wird, die mir seit einem halben Jahr fehlt, dämmert mit grauem Himmel herauf und dem Versprechen von Regen. Danke auch. Wach bin ich seit viertel nach fünf. Winterzeit. Noch so ein Mysterium: in der Woche kann ich hervorragend den Wecker ignorieren und falle häufig viel zu spät aus dem Bett. Und am Wochenende treibt es mich dann zu so früher Stunde hoch? Warum denn bitte, was spricht denn dagegen, noch das ein oder andere Stündchen entspannt vor mich hin zu schlummern? Ich prangere das an.

Genauso wie das Wetter da draußen, das war so nicht geplant. Gefreut habe ich mich auf einen schönen Spaziergang durch den goldenen Oktober mit raschelndem Laub unter den Füßen. Sieht nicht danach aus, als ob das heute noch passieren würde wenn ich mir die Vorboten des Novembers da draußen so begucke. Gut, dann eben nicht. Immerhin bot die vergangene Woche ein paar schöne Oktobermomente. Und sei es nur auf dem Weg ins Büro und zurück, wenn der Weg durch die Allee mit den Ahornbäumen führt.

Oder in der Mittagspause, gerne für einen Spaziergang durch den kleinen Park und die Kleingartenanlage genutzt. Man kann in der Mittagspause aber auch auf die Schnapsidee kommen, das Beschleunigungsmonster tanken zu fahren, um es im Anschluß erst durch die Waschstraße zu schieben und danach mit dem Staubsauger die Steinchen, Dreck und Staub aus dem Innenraum zu entfernen, die sich seit der letzten Reinigung so angesammelt haben. Bei schönstem Sonnenschein und leuchtendem Laub allenthalben.

Ehrlich, irgendwie scheine ich das mit der Emanzipation nicht so richtig verstanden zu haben … Bisher zahle ich Versicherung und Steuern, tanke und putze die Kiste und wer fährt dann mit dem sauberen und vollgetankten Auto in der Gegend herum? Richtig. Nicht ich. Sondern Cookie. Sollte das nicht eigentlich anders herum? Der Fairness halber sei hinzugefügt, er kümmert sich um die Wartung des Fuhrparks. Hier herrscht also strikte Aufgabentrennung, wie sich das gehört. Deswegen fahre ich mit dem Zweirad zur Arbeit nachdem ich das vierrädrige Gefährt mit Kraftstoff versorgt und grundgereinigt und dem Herrn des Hauses vor die Türe gestellt habe …

Und sonst so? Bin ich wieder ein Jahr älter geworden. Jetzt offiziell Mitte vierzig, wann ist das denn bitte passiert? Irgendwie überrollt mich dieses Phänomen, daß die Zeit immer schneller vergeht, je älter man wird, aktuell ein wenig … Ständig fange ich Sätze in Gedanken an mit „Aber das war doch erst gestern und nicht schon vor X Jahren?!“ Im Übrigen ist mir aufgefallen, daß ich diesem Ding mit dem Bloggen seit August 2004 anhänge … Das sind zwei Jahrzehnte, dabei war das doch erst gestern als ich … Ja, ja, ich höre ja schon auf.

Spaß beiseite, das ist für jemanden wie mich, der ständig neue Dinge anfängt und gefühlt nie irgendwas davon zu Ende bringt, schon erstaunlich. Wenn ich dann in fünf Jahren ein halbes Jahrhundert alt werde, kann ich mit Fug und Recht behaupten, ich würde schon mein halbes Leben lang bloggen … Schräge Vorstellung.

Der beste Ehemann von allen aka Cookie hat seiner Ange(t)rauten zum Geburtstag eine Switch geschenkt. Damit hätten wir jetzt alle großen Konsolenhersteller im Hause Mupfelheim vertreten. Wir sind wohl doch so etwas wie ein Nerd-Haushalt. Und da schenkt der beste Ehemann mir ein sauteures Spielzeug, mit dem man den neuesten heißen Scheiß zocken kann. Und, was mache ich damit? Genau, mir uralte Gameboy-Spiele darauf laden und voller Elan Super Mario Land spielen. In 160 x 144 Pixeln und vier Graustufen. Ich sag jetzt mal nicht, daß das dreißig Jahre her ist, daß ich die Super Mario Spiele tatsächlich auf dem Gameboy gespielt habe. Nicht mal meinem, der gehörte meinem Bruder und ich habe mir den häufiger mal „ausgeliehen“. So, wie man sich unter Geschwistern eben Dinge ausleiht.

Damit ich nicht nur endlos alle Spiele meiner lang vergangenen Jugend durch zocke, hat mir meine Familie Lesefutter geschenkt. Für die kommenden Winterabende, an denen es früh dunkel wird. Ich habe ja dieses Ding mit meiner Wunschliste. Immer, wenn ich irgendwo über etwas Interessantes stolpere, dann werfe ich das auf diese Liste. Und vergesse es prompt wieder. So kann ich mich sehr häufig später nicht mehr klar daran erinnern, wieso und weshalb genau dieses Buch jetzt auf meiner Wunschliste gelandet ist.

Macht aber so ganz und gar nix, irgendwas daran wird mich irgendwo interessiert haben um es mir merken zu wollen. Diese Wunschliste ist dementsprechend ein wenig schizophren. Pardon. Breitgefächert. So warten die nächsten Wochen zwei Bücher zum Thema „Ostpreußen, Schlesien, etc. nach der Vertreibung der Deutschen“ auf mich, Nachkriegsgeschichte mal nicht aus deutscher Sicht. Von Tamim Ansary „West of Kabul, East of New York“ und von John Boyne die Titel „The Boy in the Striped Pyjamas“ und „All the Broken Places“.

Doch erst einmal lese ich „Sword Catcher“ von Cassandra Clare zu Ende. Kontrastprogramm, ich weiß. Das Buch habe ich im verregneten Schwarzwald-Urlaub bei einem Besuch in der Offenburger Buchhandlung mit genommen. Ich kann nicht mal sagen, wieso eigentlich. Kannte von der Autorin vorher nix. Und bin positiv überrascht. Habe die Hälfte des Buches durch, mir gefällt die Geschichte sowie die Charaktere. Was ich wirklich mag, das ist diese nebenbei eingestreute Diversität. Ganz selbstverständlich wird die Frau von Lisa oder der Mann von Erich erwähnt, in einem Nebensatz. Sehr subtil, ich mag das. Ich bin kein Freund davon, Diversität wie einen Vorschlaghammer ins Gesicht geklatscht zu kriegen nach dem Motto „Schau her, wie modern wir doch sind, wir hören endlich auf mit dieser ganzen Diskriminierung!“ Ich bevorzuge die subtile Variante, die einfach so tut, als wäre die Menschheit schon lange dort wo sie sein könnte wenn sie sich nicht so anstellen würde …

Beim Spazieren durch den Herbst läßt es sich hervorragend Podcasts lauschen. Immer noch Fan der ARD Audiothek, ich finde da immer etwas Spannendes um den Horizont zu erweitern. Diese Woche ARD Radiofeature mit dem Thema „Nachwuchs für Reichsbürger“ und BR radioWissen über „Ehegattensplitting“ und „Das Deutsche Museum“ in München. Amüsiert habe ich mich über die Klärung der Frage, ob die bayerische Lederhose eine erfundene Tradition sein. Die bayrische Krachlederne war nur ein Werbegag? Podcasts kann ich eigentlich bei allem hören, was keine große mentale Anstrengung erfordert. Aufräumen, Putzen, Wäsche sortieren, Sport machen … Man sieht, ich weiß mich durchaus zu beschäftigen. Ich bin gewappnet, der Winter kann kommen. Und ich gehe jetzt lesen.

So long, dear Diary.

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