Fahrsicherheitstraining

“Knie an den Tank!” oder: Das Fahrsicherheitstraining

Heute möchte ich ein wenig über das Fahrsicherheitstraining erzählen, was ich von meiner Familie zum bestandenen vierzigsten Geburtstag erhalten habe. Und ein paar Worte zu meiner geliebten Dicken verlieren. Meine Maschine, die ein Weihnachtsgeschenk vom besten Cookie von Welt war, ein paar Monate nach meiner bestandenen Führerscheinprüfung. Cookie fährt eine NTV 650 und die Maschine hat mir beim ersten Fahren richtig Spaß gemacht, so war für mich klar, ich kriege auch eine. War ja Winter und somit Zeit zum Suchen. Ein Mopedkumpel hatte sich den Nachfolger, eine rote Deauville, zugelegt und als wir so neben der Maschine standen, sagte ich beiläufig zu Cookie „Oh, die ist schön, so eine könnte ich mir auch noch vorstellen.“

Tja, und dann übernahm Cookie heimlich das Suchen für mich. Inklusive konspirativer Treffen mit einem Freund, um mögliche Kandidatinnen anzuschauen und gemeinsam Probe zu fahren. Vier Augen (und zwei Hintern) sehen mehr, gell? Kurz vor Weihnachten stand dann die silberne Schönheit auf dem Hof: mein Weihnachtsgeschenk! So hüpfte ich voller Ungeduld jeden Morgen zwischen Weihnachten und Neujahr ans Fenster, um das Wetter zu prüfen, ich wollte doch meine neue Freundin endlich ausführen!

Am Neujahrsmorgen war mir der Wettergott schließlich gnädig, es schien zur Abwechslung die Sonne und die Temperaturen kletterten auf ganze zwei Grad über Null. Cookie zeigte mir dezent den Vogel, das ist doch kein Moped-Wetter, wenn auf einsamen Nebenstraßen noch der Frost glitzert! Er ließ sich immerhin breit schlagen mit mir wenigstens zur Tankstelle zu fahren, zeigte mir wie ich das Schwänchen umfallfrei betanke und wünschte mir viel Spaß. Ich ritt glückstrunken in die tiefstehende Wintersonne, Cookie fuhr nach Hause ins Warme.

Diese erste Fahrt war der Anfang der Freundschaft mit meiner Maschine. Ich liebe dieses gutmütige Zweirad, das vielleicht nicht unbedingt das typische Mädchen-Motorrad ist, aber auf die mein Hinterteil paßt wie der sprichwörtliche Arsch auf Eimer. Auch wenn ich keinen der vielen Ratschläge, wie man sein ideales Motorrad findet, beherzigt habe. Keine vorherige Probefahrt und so … Die ich trotzdem jedem ans Herz legen würde, denn wer sich auf seinem Moped nicht sicher fühlt, wird keinen Spaß am Fahren haben.

Fahrsicherheitstraining

Mit Sicherheit macht das Fahren Spaß!

Wie gesagt, zum vierzigsten Geburtstag bekam ich von meiner Familie einen Gutschein für ein Fahrsicherheitstraining beim Fahrzentrum Recklinghausen. Leider machte mir Corona einen Strich durch die Rechnung und statt 2020 wurden es ganze zwei Jahre später, bis ich ihn endlich einlösen konnte. Am letzten Juli-Samstag war es schließlich so weit: Fahrsicherheitstraining stand auf dem Programm. Der Tag begrüßte mich mit fünfzehn Grad und dicken, grauen Wolken. Immerhin besser als übermäßige Hitze. Das Glück war mir hold, es blieb trocken und wurde im Laufe des Tages sogar noch sonnig.

Ich hatte mich für das Motorrad Basis Training in der Frauengruppe entschieden. Zum einen weil ich mich immer freue wenn ich andere Frauen treffe, die Moped fahren. Und zum anderen hatte ich einfach keine Lust auf ältere Herren, die sich zum Wiedereinstieg eine dicke, teure Kiste aus Bayern mit allem Schnickschnack angeschafft haben, die sie nicht mal selbst schieben können. Aber dann anfangen, mir als Frau gut gemeinte Ratschläge erteilen zu müssen. Sorry Jungs, ich weiß, daß ihr nicht alle so drauf seid. Mir ist das einfach häufig genug passiert und da hatte ich schlicht keinen Bock drauf. Andere Mädels haben mit ihren Motorrädern ähnliche Baustellen und ich habe mich auf den Austausch gefreut.

Wie immer war meine Maschine mit die dickste in der Runde. Und ja, sie ist halt schwer und die Verkleidung läßt sie auch nicht schlanker erscheinen. Macht aber nichts. Erst einmal die obligatorische Vorstellungsrunde, wo das Thema „Ich fahre sonst mit meinem Mann, bin aber unsicher wenn ich mit ihm fahre weil der fährt besser/länger/sicherer als ich …“ dominierte. Tja, da war ich dann diejenige, die trocken meinte „Ich fahre größtenteils allein. Oder leihe mir fremde Männer.“ Sonst drehten sich die Unsicherheiten der anderen um genau die gleichen Punkte wie bei mir auch: Kurven fahren macht zwar Spaß, aber wie fahre ich richtig und sicher durch selbige, wie komme ich am Berg weg und wie gewinne ich generell mehr Sicherheit auf dem Bock.

Jetzt machen wir erst mal langsam.

Raus aus dem Schulungsraum mit uns, ab an die Motorräder. Und gemütlich erklärt uns Trainer Heinz erstmal, wie man ein Motorrad richtig und ohne es umzukippen von A nach B schiebt. Profis lassen beim Rangieren den Gang drin, die Kupplung gezogen und die Pfoten weg von der Vorderradbremse. Dann klappt das auch, einen 250 Kilo schweren Brocken wie meine Deauville souverän durch die Gegend zu schieben. Nachdem wir alle mal die Erfahrung gemacht haben, wie der Bock sich verhält, wenn man beim Schieben mit Schmackes in die Vorderradbremse langt, dürfen wir aufsitzen und die Motoren starten. Yeah, endlich fahren.

Genau. Im Schritttempo. Enges Wenden ohne umfallen und in Schrittgeschwindigkeit um die Hütchen herum. Habe ich das letzte Mal in der Fahrschule gemacht und gerade das Hütchenspiel war mir verhasst. Doch erstaunlicherweise funktioniert das besser als erwartet – erst recht, nachdem ich den freundlichen Hinweis „Knie an den Tank Mädel, du hast da schließlich ein super Moped zum Drinsitzen!“ beherzigt habe. Sollte ich noch häufiger mal hören, diesen Satz. Schritttempo mit Kupplung und Hinterradbremse. Kein Hexenwerk. Sondern schlicht Übungssache.

Volles Pfund in die Bremse langen.

Nach einer kurzen Theorie-Einheit zum Bremsen mit und ohne ABS sowie einem Ausflug in Hondas Combined Brakesystem (kurz CBS) dürfen wir auf die lange Gerade. Um unter kontrollierten Bedingungen Vollbremsungen hinzulegen. Erst langsam und dann bei jeder neuen Runde mit immer mehr Tempo.

Und Leute, das macht richtig, richtig Bock! Einmal zu spüren, wie sich das anfühlt aus neunzig, hundert Sachen raus volles Pfund in die Bremse zu langen und wie die Maschine dann wie an der Schnur gezogen zum Stehen kommt. Ohne Wackeln, ohne das Gefühl weg zu schmieren, ohne Blockieren. Egal ob die Fahrbahn trocken oder naß ist. Einfach nur mit der richtigen Technik und Körperhaltung.

Denn mal ehrlich, wann legt man in der freien Wildbahn schon mal eine richtige Vollbremsung hin? Egal mit welchem Gefährt, ich tue das wirklich äußerst selten und müsste jetzt lange überlegen, wann ich das letzte Mal mit Schmackes in die Eisen gegangen bin … Es gibt mir eine Menge Selbstvertrauen, meine Dicke so souverän zum Halten zu bekommen. Nach etlichen Vollbremsungen und Runden um den Parcours ist dann Zeit für Mittagspause.

Fahrsicherheitstraining

Die Ideallinie gehört auf die Rennbahn.

Gut gesättigt geht es zum nächsten Teil, wir fahren Kurven. Doch bevor wir elegant über den Kurvenparcours wedeln kriegen wir von Heinz und Steffi erklärt, was es mit der viel beschworenen “Ideallinie” auf sich hat und warum wir diesen Blödsinn in der freien Wildbahn möglichst schnell vergessen sollen. Stattdessen sollen wir auf die Sicherheitslinie setzen, was für mich nach deren Erklärung auch viel mehr Sinn macht. Schließlich fahre ich keine Rennen im Kreis, sondern meist zum Vergnügen von A nach B und möchte ganz gerne heil an Punkt B ankommen.

Also fahren wir Kurven. Mit Hindernissen und Fußgängern auf der Fahrbahn. Immer schön entlang der Sicherheitslinie. Was mir in den Rechtskurven einigermaßen leicht fällt. In den Linkskurven neige ich dazu, zur Mitte zu driften. Was im Falle von Gegenverkehr schon mal sehr blöde enden kann. Es kostet mich eine ganze Menge Konzentration, die Kurven sauber zu fahren. Vor allem, wenn vor mir jemand fährt, der die Linie ebenfalls nicht ganz sauber trifft. Blickführung, Blickführung, Blickführung!

Es stimmt, ich fahre dahin wo ich hin gucke. Schaue ich meiner Vorderfrau aufs Nummernschild, dann fahre ich auch die gleiche Linie …

Die Sache mit dem Kreidestrich.

Schräglage … Wo ich mich lange gefragt habe, wozu das gut sein soll und wo beim Kurven fahren der Spaß ist. Geradeaus fahren wäre schließlich auch voll okay. Dabei kriegt mein Herz keinen Kaspar und mein Hirn schreit mich nicht ständig an “OH GOTT WIR WERDEN UMKIPPEN!” Schließlich war ich diejenige, die in der Fahrschule gefühlt bis zum Schluß gebraucht hat, um für die Prüfung sauber im Kreis fahren zu können. Mein Kopf hat ein dezentes Problem mit dem “Wir kippen das Gefährt in der Kurve gen Erdboden” und ich war nie in der Lage, wirklich einschätzen zu können, wie viel Schräglage ich nun tatsächlich fahre.

So erklärt uns der Trainer erst den Aufbau eines Motorradreifens um uns dann Kreidestriche auf selbige zu malen bevor wir wieder auf die Strecke geschickt werden. Wo wir durch die Kurven wedeln. Nach etlichen Runden heißt es absteigen und schauen, wie viel von der Kreide noch da ist. Zu meiner großen Überraschung ist der Kreidestrich hinten weg und vorne ist ebenfalls nicht mehr viel übrig. Oder, um es mit den Worten des Trainers auszudrücken “Sehr viel tiefer würde ich die Maschine an deiner Stelle nicht mehr in die Kurve legen.” Oha.

Und, was hat das Fahrsicherheitstraining gebracht?

Erst einmal eine ganze Menge Spaß. Unter kontrollierten Bedingungen mit fachlicher Anleitung die eigenen Grenzen im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren macht schlicht und ergreifend Spaß. Doch nicht nur das, es hat mir eine ganze Menge Selbstvertrauen in mich, mein Können und meine Maschine gegeben. Die Dicke und ich, wir sind ein gutes Team. Ich weiß jetzt, wie man am Berg anfährt, wie man richtig eine Vollbremsung hinlegt, wo meine Schwachpunkte sind und daß ich mein Moped ganz ordentlich in die Kurven schmeißen kann. Ich bin mir sehr sicher, das war nicht das letzte Training, was ich mit gemacht habe.

Kann das jedem nur ans Herz legen, so ein Fahrsicherheitstraining. Egal, wie lange man schon fährt, entweder lernt man was dazu oder aber man hat einfach nur Spaß.

In diesem Sinne: die Linke zum Gruße. Und Knie an den Tank!

Ein Gedanke zu „“Knie an den Tank!” oder: Das Fahrsicherheitstraining“

  1. Danke für den Beitrag. Man kann dem nur zustimmen. Egal was man in der Fahrschule gelernt hat oder wie gut der Fahrlehrer einen auch auf die Straßen und den Verkehr vorbereitet hat. Regelmässige Trainings sind unerlässlich für ein sicheres Fahren.

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