Wie, du bist dran mit Musik? Was für Musik und wieso dran sein? Nun, erinnert sich hier noch jemand an die großen, meist schwarzen Scheiben, die man vorsichtig aus der Papphülle nehmen mußte um sie ebenso umsichtig auf den Plattenspieler zu legen? Ich bin alt genug um in einem Haushalt aufgewachsen zu sein, in dem es noch Platten gab und ich weiß auch, was ein Walkman ist. Allerdings gehöre ich schon zum Team Compact Disc, so als Teenager der Neunziger. Meine erste CD waren genau genommen zwei Silberlinge, nämlich Singleauskopplungen, die habe ich von meinem Vater zu meiner ersten Anlage geschenkt bekommen: „November Rain„ von Guns’n’Roses und „Die da!?!“ von den Fantastischen Vier. Mein Vater mochte die Songs und ich glaube, im weiteren Verlauf meiner Teenagerjahre hat er den Kauf dieser Anlage mehr als einmal bereut …
Wenn die Tochter sich an Vaters CDs bedient.
Ich habe in vielen Dingen einen ähnlichen Geschmack (ob der vererblich ist?) wie mein Vater. Musik bildet da keine Ausnahme und so durfte dieser sich des öfteren auf die Suche nach seinen Pink Floyd, Dire Straits, Santana, Fleetwood Mac, Mark Knopfler, Chris Rea oder auch Klassik CDs machen. Und ich gestehe, einige Alben hat er nur zu Weihnachten oder zum Geburtstag bekommen damit ich die auch hören konnte. Oder sie wenigstens heimlich auf Kassette überspielen, ich böse Raubkopiererin, ich …
Musik war ein wichtiger Bestandteil meiner Jugendjahre. Einer meiner wichtigsten Besitztümer war ein günstiger Walkman und ich möchte nicht wissen, wie viele Akkus das Teil platt bekommen hat. Egal, wo ich unterwegs war, ich hatte das Ding immer mit. Selbst in der Schule, wenn ich in so langweiligen Fächern wie Religion oder Kunst meine Zeit absitzen mußte, hatte ich Musik im Ohr – ich war einfach so dreist, die kleinen Ohrstöpsel bzw. die Kabel geschickt unter langen Haaren und Halstüchern zu verbergen.
Immer mit Musik im Ohr.
In Zeiten von kabellosen Knöppen, die man sich ins Ohr stecken und mittels Bluetooth mit dem Handy koppeln kann, wo einem unzählige Apps entweder umsonst oder für einen kleinen Beitrag sogar werbefrei Musik spielen, ist das natürlich noch einfacher. Lieber Herr Gesangsverein, was hätte ich als Schülerin für solche Dinger gegeben? Ja, ich nutze auch einen Streamingdienst sowie die Apps diverser öffentlich-rechtlicher Radiosender, ich bin allerdings altmodisch genug um immer noch CDs zu kaufen.
Ich mag das. In meinem Auto, egal ob es mein kleines blaues Cabrio war oder unser Beschleunigungsmonster, sind immer CDs verteilt. Immerhin, das Beschleunigungsmonster ist schon so modern nachgerüstet, daß ich das Handy mittels Bluetooth mit den Lautsprechern koppeln kann. Hey, nicht lachen, die Kiste ist Baujahr 2002, wer hat da bitte schon an sowas gedacht? Eben. Ich kann also über Streaming Musik im Auto hören. Trotzdem kutschiere ich immer noch mehrere Silberlinge durch die Weltgeschichte. Die ich regelmäßig höre, gerade wenn ich alleine längere Strecken fahre. Mir geht das Gequatsche im Radio sowie die nervige Werbung nun mal auf den Keks.
Hör auf, dazwischen zu quatschen!
Mich macht es schlicht aggressiv wenn wieder so ein Moderator in das Lied quatscht oder es unschön abwürgt, der Müsli-Mann mir seine Haferflocken verkaufen oder der Depp mit den kaputten Windschutzscheiben mir was von Reparatur erzählen will. Radio höre ich gerne zu Zeiten, in denen – zumindest bei den öffentlichen – keine Werbung mehr läuft, es in der Sendung um Musik geht und die Moderatoren es unterlassen, in die Songenden zu quaken.
Deswegen läuft hier in Mupfelheim selten Radio. Je älter ich werde, desto mehr mag ich es wenn einfach mal Stille herrscht. Also, so still wie das sein kann wenn man in der Stadt wohnt und eine Nachbarin hinter einer recht hellhörigen Wand wohnen hat, die dem Irrglauben aufgesessen ist, ihre Töle würde ihr pädagogisch wertfreies Gelaber tatsächlich verstehen …
Schatz, du bist dran mit Musik!
Im Laufe der Jahre haben sich immerhin zwei CD-Regale vom allseits bekannten Möbelschweden mit diversen Silberlingen gefüllt. Entweder weil Cookie und ich sie mit in die gemeinsame Wohnung gebracht haben oder weil wir zu den Menschen gehören, die immer noch CDs kaufen. Und damit die nicht nur so dekorativ im Regal stehen hat sich irgendwann folgendes Ritual, meist am Wochenende, eingespielt:
Entweder Cookie oder ich stehen vor dem Regal, suchen einen Tonträger aus und machen die Musik an. Sobald das letzte Lied verklungen ist, ertönt von demjenigen, der die soeben gespielte CD ausgewählt hat, folgende Aufforderung: „Schatz, du bist dran mit Musik!“ Woraufhin der so angesprochene Bewohner Mupfelheims zum Regal pilgert, in Ruhe eine Scheibe aussucht und in den Player steckt. Das Ritual wiederholt sich den Tag über. Zum Glück ähneln sich Cookies Musikgeschmack und meiner in fast neunzig Prozent, die restlichen zehn hören wir entweder im Auto oder wenn der andere nicht da ist.
Ich bin immer wieder erstaunt, was sich dort alles so an schöner und vor allem abwechslungsreicher Musik verbirgt. Mein Geschmack reicht halt von Klassik bis zu Heavy Metal … Abgesehen davon, den Gedanken daß der Mann die Musik ausgesucht hat, finde ich wesentlich angenehmer als die Auswahl einem Algorithmus zu überlassen. Und, ich liebe dieses Ritual einfach.
Oh, ich höre gerade, ich sei dran mit Musik. Dann wollen wir mal …