Die Schmuddelkinder im Bundestag

Die Schmuddelkinder im Bundestag? Gedanken zur Wahl.

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

– Mahatma Gandhi

Dieses Zitat twitterte die, mittlerweile wohl ehemalige, Vorsitzende der AfD, Frauke Petry, und als ich das las, regte sich in mir mehr als nur Unmut. Denn Gandhi, der steht in meiner Welt für friedlichen Widerstand und Weisheit, aber nicht für Krawall und hasserfüllte Reden. Mit welchem Recht twittert also eine Vorsitzende einer rechts verorteten Partei dieses Zitat eines Mannes, der für alles stand für das die vermeintlichen Schmuddelkinder der AfD nicht stehen?

Nun. Mit dem gleichen Recht, mit dem ich diesen Blogbeitrag schreibe. Auch wenn es mir irgendwo von den Zehen bis zu den Haarspitzen widerstrebt die Worte dieses klugen Mannes auf der Fahne einer Person zu sehen, deren Partei Ansichten vertritt wie sie mir fremder nicht sein könnten. Ich habe seit letztem Sonntag viel darüber nach gedacht, wie ich eigentlich zu diesem Wahlergebnis stehe. Und ob ich diesen Text, meine Gedanken dazu veröffentlichen soll. Braucht die Welt noch eine klitzekleine Stimme mehr, die ihre wirren Gedanken teilt?

Nun, wahrscheinlich nicht. Allerdings entstand dieser Text nicht weil die Welt ihn braucht, sondern weil ich ihn brauche. Denn “Frau Mirtana bloggt.” ist immer noch der Ort im Internet, an dem ich meine Gedanken sortieren kann. Auch wenn ich mich selber als einen unpolitischen Menschen empfinde und den Bereich “Politik” aus dem Blog ausklammere, heute ausnahmsweise doch mal ein wenig Gerede über Politik.

Die Bundestagswahl ging mir gewaltig auf die Nerven.

Angefangen vom Wahlkampf, der nur ein Thema zum Inhalt hatte, welches man uns ständig um die Ohren drosch. Ja, die Flüchtlingskrise und wie wir damit umgehen ist ein wichtiges Thema, aber doch bitte nicht das Einzige? Damit verbunden die ständigen Provokationen der AfD auf die alle immer gleich ganz brav eingestiegen sind. Gefühlt habe ich nirgendwo etwas von anderen Themen und wie welche Partei dazu steht gelesen. Arbeitslosigkeit? Wirtschaft? Rente? Gesundheitswesen? Bildung?

Fehlanzeige. Diese Bundestagswahl war gefühlt nichts anderes als eine Wahl für oder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Dabei besteht selbst das Wahlprogramm der AfD (und ja, ich habe das tatsächlich gelesen … Ich lese oft komische Dinge wie die Bibel, Wahlprogramme, Biografien oder auch “Mein K(r)ampf”), das die FDP übrigens zu weiten Teilen abgeschrieben hat, aus mehr als diesem Thema. Und, man staune, nicht alles ist so wie es überall dargestellt wird. Es ist nicht alles vollkommener Mumpitz was diese Partei, nimmt man ihr Wahlprogramm auseinander, zu erreichen versucht. Auch wenn es, wie hier hundertfach geteilt und so schön provokativ plakativ zusammen gestellt, natürlich besser in meine  Weltsicht gepaßt hätte.

Was mich genauso genervt hat waren diese permanenten Aufrufe, doch bitte zur Wahl zu gehen und dann auch ja das Richtige zu wählen. Ja, wie jetzt? Das Richtige? Was ist denn bitte die richtige oder falsche Wahl und wer entscheidet das? Exakt. Derjenige, der in der Wahlkabine steht und sein Kreuzchen macht. Niemand sonst. Wenn ich wähle, dann wähle ich auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen mit. So habe ich zum Beispiel 2002 die Parteien gewählt, die sich später für Hartz IV verantwortlich zeichnen sollten.

Wer nicht wählt, wählt rechts? Ganz bestimmt.

Ich für meinen Teil finde es schlicht arrogant, den Nichtwählern zu unterstellen, sie würden mit ihrer Wahl zur Nichtwahl aktiv die Rechten unterstützen weil wir ja eine Verhältniswahl haben und je mehr Menschen wählen, also richtig wählen, desto mehr Stimmen brauchen die Rechten um die Fünfprozenthürde zu überwinden. Meist wird das durch hübsche Bildchen unterstützt mit dessen Hilfe mir das Prozentrechnen näher gebracht werden soll. Weil Wahlrecht ja gleich Bürgerpflicht.

Nein. Ich habe das Recht zu wählen, es gibt keine Pflicht. Jemand, der nicht wählt, verzichtet auf die Möglichkeit der Mitbestimmung und akzeptiert stattdessen, was der Rest der Wähler für richtig hält. Ja, in anderen Teilen der Welt wird immer noch in teils blutigen Auseinandersetzungen um das Recht auf freie sowie demokratische Wahlen gestritten. Aber das kann doch kein Argument sein um Menschen, die nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen möchten, an die Wahlurne prügeln zu wollen oder zum Sündenbock für ein Ergebnis zu machen, das mir nicht in den Kram paßt. Ebenso, wie ich zu akzeptieren habe daß andere Menschen eine andere Partei als ich für die richtige Wahl halten habe ich zu akzeptieren wenn Menschen von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen möchten.

Wer nicht wählt, der wählt nicht. Weder rechts noch links. Und gehört dafür nicht zum Sündenbock erklärt.

Dreizehn Prozent und wir werden hysterisch.

Mich persönlich wundert der Einzug der AfD in den Bundestag nicht. Frauke Petry hat, und meine Finger möchten mir beim Tippen hier echt den Dienst versagen, mit ihrem Gandhi-Zitat nicht unrecht. Denn genau das ist passiert und passiert immer noch. Wir haben die Probleme, die Menschen dazu bewogen haben, AfD zu wählen schlicht ignoriert. Wir haben ihnen nicht zugehört. Sondern uns, nachdem die Bewegung und die daraus resultierende Partei halt nicht wieder in der Versenkung verschwand, über sie lustig gemacht. Von wegen “Ja nicht vergessen, den Wahlzettel zu unterschreiben” und ähnliche dumme Sprüche, die durch die Social Media Kanäle geisterten. Wir machen uns immer noch lustig.

Etwas, das ich seit langer Zeit in der Politik und unserem Umgang mit Politikern vermisse, ist die Sachlichkeit. Natürlich kann man sich in einer parlamentarischen Demokratie streiten. Mehr noch, man muß es sogar. Was ich bei dieser Bundestagswahl, sowohl davor als auch danach, ganz arg vermißt habe war ein sachlicher und respektvoller Umgang miteinander. Es ging und geht anscheinend nur noch darum, wer am lautesten schreit und am heftigsten die Emotionen zum Kochen bringt. Denn wo Emotionen regieren bleibt kein Platz für den Verstand.

Ich hatte gehofft, sie würden es nicht über die fünf Prozent schaffen damit uns eine Partei, die offen zum rechten Spektrum hält, erspart bleibt. Und ich bin auf der anderen Seite erleichtert, daß es nur knapp dreizehn Prozent geworden sind.

Jetzt steht das Ergebnis der Wahl fest und plötzlich werden überall die Untergangs-Szenarien auf den Plan gerufen. Das Ende des Abendlandes stehe kurz bevor, das konnte ja keiner ahnen. Jetzt sind alle betroffen weil die Schmuddelkinder auf einmal in den Bundestag einziehen. Neben denen dann keiner sitzen möchte und die man unter fadenscheinigen Ausreden dann erst mal ein paar Kilometer weiter entfernt, außerhalb des Regierungsviertels, vom Bundestag unterbringt …

Jetzt mal ehrlich, reden wir hier vom Bundestag oder von einem Kindergarten? Passierte so etwas in einem Unternehmen, dann würde man es klar als Mobbing bezeichnen. So schwer ich an der Kröte zu schlucken habe, 94 Abgeordnete einer Partei, deren Ansichten ich nicht teile und auch nicht teilen möchte, im Bundestag zu wissen. Doch das hat mit meinem Demokratieverständnis nichts mehr zu tun, das ist einfach nur albern und ich erwarte von gewählten Volksvertretern, sich wie Erwachsene und nicht wie Kleinkinder aufzuführen.

“Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.” Dieses Zitat, fälschlicherweise Voltaire zugeschrieben, stammt aus der Feder von Evelyn Beatrice Hall und fasst in einem Satz mein Verständnis von parlamentarischer Demokratie zusammen. Demokratie heißt eben nicht, alle müssen meiner oder der richtigen Meinung sein, sondern bedeutet den Austausch verschiedener Meinung, Diskussion um schlußendlich zu einem Kompromiss zu kommen, von dem alle profitieren. Diskussion ist nicht möglich wenn wir nicht miteinander reden und uns gegenseitig zuhören. Das tun wir nicht mehr, wir hören einander nicht zu. Wir ziehen stattdessen Gräben und beharren darauf, daß unsere Wahrheit die einzig Richtige wäre …

Um aus der Geschichte lernen zu können muß man sie kennen.

Im Zuge der Nachbeben dieses katastrophalen Wahlergebnisses höre ich immer wieder die, übrigens nicht richtige, Aussage daß wir jetzt das erste Mal seit Ende des Krieges Rechte und Nazis im Bundestag hätten verbunden mit der Frage, ob wir denn nix aus unserer eigenen Geschichte gelernt hätten.

Da rollen sich mir die Fußnägel hoch wenn Menschen, die offensichtlich die eigene Geschichte nach 1945 schon nicht mehr zu kennen scheinen, anderen vorwerfen sie hätten nichts aus unserer Geschichte gelernt. Ganz abgesehen davon daß “unsere Geschichte” sich nicht auf den Zeitraum 1933 bis 1945 beschränkt, sondern auch davor und danach statt gefunden hat.

Die erste Falschannahme? Nun, es ist faktisch nicht richtig von 1945 oder 72 Jahren zu sprechen. Deutschland war zwischen 45 und 49 ein besetztes Land und wurde nicht von gewählten Volksvertretern regiert, sondern von den Alliierten verwaltet. Der erste Deutsche Bundestag wurde im August 1949 gewählt und trat im September des gleichen Jahres zum ersten Mal zusammen.

Die zweite Falschannahme? Es hätte seitdem keine Nazis und Rechte im Bundestag gegeben. Leider falsch. Es haben durchaus Rechtskonservative und Nazis im Bundestag gesessen. Selbst wenn man die Liste der ehemaligen NSDAP-Mitglieder, die für diverse Parteien in den Bundestag einzogen, außer acht lassen würde, bleiben immer noch Parteien wie zum Beispiel die DP (Deutsche Partei) übrig, die bis in die späten fünfziger Jahre nicht nur im Bundestag saßen sondern teilweise Minister stellten. Huch?

Die DP saß im 1. Deutschen Bundestag zusammen mit Vertretern von 12 (ja, ganze zwölf!) Parteien sowie drei parteilosen Abgeordneten. Warum so viele? Nun, es gab bei der ersten Bundestagswahl zwar bereits die Fünf-Prozent-Sperrklausel, allerdings galt die noch nicht bundesweit. Somit hatte die Chanze zur Entsendung von Abgeordneten, wer in mindestens einem Bundesland mehr als fünf Prozent der Stimmen erzielte.

Diese DP pflegte wohl auch Verbindungen bis weit ins rechte Lager, sogar zu mehr (oder weniger) geläuterten bekannten Nazis. Und die DP saß nicht einfach nur so zur Dekoration im Bundestag, die saß in der Regierungskoalition und stellte zwei Minister für das erste Kabinett. Einer davon war Horst Seebohm, der während des Nazi-Regimes unter anderem im Vorstand der Egerländer Bergbau AG saß. Diese AG war im Reichsbesitz und wickelte die Übernahme arisierten Eigentums ab. Besagter Herr Seebohm brachte es danach immerhin auf 17 Jahre Amtszeit als Bundesminister.

Genug Exkurs. Der Herr Seebohm ist nur ein Beispiel. Von daher ist diese Aussage, es würden jetzt zum ersten Mal Nazis und Rechte im Bundestag sitzen, schlicht und ergreifend falsch. Die saßen da schon früher. Unsere Demokratie hat das überlebt und ist daran gewachsen. Eben weil Menschen, die mehr als nur die zwölf Jahre Diktatur unserer Geschichte kennen, aus eben dieser Geschichte gelernt haben und alles in ihrer Macht stehende taten und immer noch tun, um eine Wiederholung der Nazi-Dikatur zu verhindern.

Jetzt sind wir alle 87% und kämpfen gegen Rechts!

Nein Danke. Ich gehöre zu den 87 Prozent, die etwas anderes gewählt haben als die Partei, die bis jetzt nur mit Krawall, Populismus und Provokation aufgefallen ist. Ich bin, politisch betrachtet, weit weg von rechts und rechten Positionen. Aber ich möchte nicht gegen irgendwen kämpfen und ich sehe unsere Demokratie auch nicht als Kampf an. Ich finde, es wurde schon viel zu viel verbale Gewalt aus allen Richtungen über jeden, der nicht bei drei auf dem Baum war, geschüttet.

Jetzt wird verzweifelt nach den Schuldigen gesucht. Mal macht man dafür die Medien, allen voran ARD und ZFD verantwortlich. Weil die gefühlt über nichts anderes berichtet haben als jede, noch so kleine, verbale Entgleisung von AfD Politikern. Dann wieder sind es die Sachsen, weil die AfD dort ganze 21,5 % geholt hat. Das macht immerhin 78,5%, die auch dort der AfD nicht ihre Stimme geben wollten. Ich mein ja nur. Im Übrigen lag der Anteil der Stimmen für diese Partei in meiner Nachbarstadt bei 17 Prozent. Dabei wohne ich gar nicht in Sachsen, nicht mal im Osten, sondern in Gladbeck. Liegt im Ruhrgebiet, also tief im Westen. Wo die Sonne verstaubt und so.

Dann wieder sind die Parteien schuld. Oder die Arbeitslosen. Oder die Politiker, die dem kleinen Mann auf der Straße ja nicht zuhören wollen. Oder das Wetter. Oder, oder, oder … Das scheint mir typisch deutsch zu sein. Egal, was passiert, wir müssen erst wissen wer es Schuld ist bevor wir uns mit den Konsequenzen beschäftigen können. Wenn wir das wissen dann können wir kämpfen. Gegen rechts. Oder was auch immer. Dann kann jeder in seinem Schützengraben sitzen und mit scharfen Worten auf den Gegner schießen. Bis schmissige Parolen alleine nicht mehr ausreichen …

Meiner Meinung nach benehmen sich viele, die sich des “Wir sind 87%” Schlagwortes bedienen, nicht einen Deut besser als die Anhänger der Partei, welche sie ablehnen. Da werden, um mal ein Beispiel anzuführen, ganze Landstriche verunglimpft und man fragt öffentlich ob man das Bundesland Sachsen nicht gegen den Atommüll der Tschechen eintauschen könnte. Das ist weder witzig noch Satire, das ist verletzend. Mit solchem dummen Gelaber überwindet man keine Gräben, geht man nicht auf andere zu und löst keine Probleme.

Denn Probleme haben wir in diesem Land doch genug, anscheinend aber nicht genug um endlich damit aufhören zu können ständig den Finger auf andere zu richten und zu krähen “Nänänä, die sind aber blöder als ich!”

… Dann bekämpfen sie dich …

Ich möchte nicht, daß dieses Zitat sich am Ende als Prophezeiung erweist. Wir haben schon die ersten beiden Fehler begangen. Wir haben ignoriert und wir haben ausgelacht. Wenn wir jetzt noch anfangen zu kämpfen statt sachlich zu bleiben, dann haben wir verloren.

Die Wahl der AfD in den Bundestag ist nicht das Ende des Abendlandes. Es ist ein Appell an unsere Demokratie zu zeigen, was sie kann. Es macht mir Hoffnung, daß laut Umfragen zwei Drittel die AfD nur aus Protest gewählt haben. Ein Drittel von knapp dreizehn ist? Richtig, weniger als fünf Prozent.

Ich wünsche mir Politiker, die wieder auf die sachliche Ebene zurück finden. Ich wünsche mir Wähler, die nicht die Leute wählen die es am Besten verstehen Emotionen hoch zu kochen. Ich wünsche mir einen Bundestag in dem sachlich gestritten wird. Ich wünsche mir eine Politik, die nicht auf den eigenen Vorteil bedacht ist, sondern sich daran orientiert was für ihre Bürger gut ist. Ich wünsche mir Politiker, die sich als Volksvertreter empfinden und mit Weitsicht entscheiden statt nur mit Blick auf die nächte Wahl. Ich wünsche mir Anstand und Respekt im Umgang miteinander, egal wie man zu den Einstellungen des politischen Gegners stehen mag. Ich wünsche mir auch Mut im Bundestag, um diejenigen vor die Türe zu stellen die meinen sich mit rassistischen Äußerungen profilieren zu müssen statt ihrer Arbeit als Volksvertreter nachzugehen. Ich wünsche mir, daß die 87 Prozent der Abgeordneten sich nicht auf den Krawall und die Provokationen herab lassen sondern sachlich bleiben. Ich wünsche mir mit scharfem Verstand und Respekt vor dem anderen geführte Diskussionen, die zu Lösungen führen.

Ich wünsche mir, daß wir aufhören uns anzuschreien und uns stattdessen zuhören. Ohne Zuhören überwinden wir keine Gräben und so lange wir auf verschiedenen Seiten der Gräben stehen gibt es kein Miteinander. Nur ein Gegeneinander. Und davon habe ich, ehrlich gesagt, die Nase voll.

Wird Zeit, daß ich Königin von Deutschland werde. Damit ich in dem Schuppen hier mal aufräumen kann. Und als erstes verbiete ich diese verdammten Einhörner. Weil ich es kann. Und weil wir hier ganz akut von bunter Überglitzerung  bedroht sind. Weißte Bescheid.

8 Gedanken zu „Die Schmuddelkinder im Bundestag? Gedanken zur Wahl.“

  1. Liebe Mirtana,
    das hast du wunderbar geschrieben. Unsere beiden Blogbeiträge zum Thema ähneln sich da sehr, nur hast du es noch ein bisschen hübscher hingekriegt als ich. Ich hatte beim Schreiben so viele Gedanken im Kopf – vielleicht hätte ich auch noch ein paar Tage nach der Wahl abwarten sollen. 😉
    Wo kann ich denn mein Kreuzchen dafür machen, dass du Königin wirst??
    Liebe Grüße
    Nele

    1. Liebe Nele,

      ich habe mir gerade Deinen Blogpost in aller Ruhe durch gelesen und ja, unsere Positionen ähneln sich sehr. Meine Gedanken sind am Anfang immer unglaublich wirr und den ersten Textentwurf hätte ich nicht mal selber verstanden 😀

      Mir hilft das halt, erst einmal alles wirr herunter zu schreiben und sehr oft lese ich Zeitungsartikel aus anderen Ländern, so eine Sicht von außen finde ich ziemlich hilfreich um einfach mit Abstand und sachlich auf die Geschehnisse zu schauen. Bin halt so ein Mensch, der immer erst mal alle Seiten angucken muß. Ist nicht immer hilfreich 😉

      Hah, meine erste Ministerin! Welches Amt hätten Sie denn gerne, junge Frau?

      Liebe Grüße,
      Frau Mirtana

  2. Liebe Mirtana,

    auch ich finde das Thema wunderschön umrissen und vertieft! Nach dem Lesen empfand ich Glücksgefühle – ich habe mich darüber gefreut, wie schön das eine Person beschreiben kann, was sie beim Entrümpeln und Ordnen bewegt.

    Zur Thematik “Egal, was passiert, wir müssen erst wissen wer es Schuld ist bevor wir uns mit den Konsequenzen beschäftigen können. Wenn wir das wissen dann können wir kämpfen” meinst du, das scheint typisch deutsch zu sein. Keineswegs. Ich wohne in Österreich und kenne das genauso, wie du es anklingen lässt. Und ich erinnere mich daran, dass das nicht immer so gewesen ist mit der Frage, wer Schuld sei oder wer verantwortlich sein.
    Soweit mich da das Erinnern trägt, ist diese “Schuldfrage” (bei uns in Ö) erst ungefähr in den letzten 20-25 Jahren so deutlich ins öffentliche und private Bewusstsein getragen worden. Verbunden mit der Suche nach jenen, die Schadensersatz leisten müssen, im Falle von Verletzungen oder Schäden. Wer ist schuld? Wer kann haftbar gemacht werden?
    Mir/uns ist das damals aufgefallen, dass sich da was gravierend verändert hatte. Zuvor, ja, wenn da zum Beispiel eine Schlägerei vorm Wirtshaus passierte, ja mei, das war eben einen Schlägerei. Eventuell kam die Gendamerie (damals hieß die Polizei noch so) und klaubte die Raufbolde auseinander. Und gut wars. Die Betreffenden versöhnten sich und kehrten nach Hause.
    Plötzlich aber gings um Anzeige erstatten, Polizeieinsatz, Einweisung ins Krankenhaus schon bei den kleinsten Verletzungen und vor allem auch um Schmerzensgeldansprüchen und -zahlungen.
    Ein anderes Beispiel, Radfahren. Früher war man selbst dafür verantwortlkich, wenns einem auf die Nase haute. Plötzlich wurde nach einem Sturz gefragt, wer schuld sei, außer dem Radfahrer. War es der Straßenerhalter, der etwas vernachlässigt hatte? drer Hersteller des Rades, der einen Materialschaden zu verantworten hatte? Die Gemeinde, die für den Zustand der Fahrbahn verantwortlich gemacht wird? Der Bauer, durch dessen Wald der Radfahrer mit seinem Mountainbike gedüst ist, und einen morschen Ast übersehen hat, den der Wind abgeworfen hatte, und den der Bauer rechtzeitig wegräumen hätte sollen? Das mag albern klingen, doch so läufts tatsächlich.
    Wir haben in Europa das Problem mit dem Sterben von Eschenbäumen. Ein Pilz frisst sich tief ins Holz und kann innerhalb von Wochen den Baum derart befallen, dass der Stamm plötzlich umfällt ohne äußere Ursache. Sollte es Spaziergehende oder Wandernde treffen oder verletzen, so wird der Besitzer des jeweiligen Grundstücks dafür haftbar gemacht.

    Möglicherweise hängt das Ganze mit dem Ausbau des Versicherungswesens zusammen und vermehrten Gesetzen.

    Mir kommt noch ein Beispiel aus den Kindergärten in Erinnerung. Da wars früher so, dass da halt mal was passieren konnte, wenn 20 Kinder in einem Raum beisammen sind über Stunden. Heutzutage bedeutet der Umstand, dass ein Kind ein anderes Kind anrempelt , eine Anzeige der Eltern gegen die diensthabende Kindergartenpädagogin. Wegen “Verletzung der Aufsichtspflicht”. – Als ob sich kleine Rempeleien unter Kindern verhindern ließen! Verrückte Welt.

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