Dieses Ding mit der Kreativität.

Kreativität kommt aus dem Latein, von creare, was so viel bedeutet wie etwas neu schöpfen, etwas erfinden, etwas erzeugen, herstellen. Früher dachte ich immer, kreativ sei nur wer Großes schaffe. Wer malen, gestalten, fotografieren, schreiben, also Kunst in welcher Form auch immer, erschaffen kann. Und da ich als Schülerin nie sonderlich gut war in Kunst, ich kann schlecht zeichnen und malen ist auch nicht so mein Ding, zog ich jahrelang daraus die Schlußfolgerung, daß ich einfach kein kreativer Mensch sei.

So pädagogisch wertvolle Menschen wie mein Kunstlehrer, der wortwörtlich zu mir sagte, ich wäre so talentfrei, ich solle doch überlegen besser was mit Sport zu machen bis zum Abitur, waren für mein Selbstverständnis auch keine große Hilfe. Ganz im Gegenteil. Dieser dumme Spruch eines unfähigen Pädagogen, der hat sich so tief in mein Selbstbewußtsein gefräst, daß ich lange Zeit damit verbracht habe, diesen Mist zu glauben.

Kreativität - alte Dose mit Pinseln in schwarzweiß

Kreativität hat nichts mit großer Kunst zu tun.

Dabei ist Kreativität mehr als große Kunst. Und ich habe sehr, sehr lange gebraucht um mich von dem Bild aus meiner Jugend zu lösen, was mir von allen Seiten vermittelt wurde. Kreativität steckt für mich mittlerweile in den kleinen Dingen des Alltags. Ach, das Rezept verlangt nach Zucchini? Dann paßt doch bestimmt auch Aubergine dazu und vielleicht Rosmarin statt Thymian! Es steckt schöpferische Kraft im Gestalten einer Excel-Tabelle, im Lösen von Problemen, im Schreiben von Programmen, im Erstellen von Konzepten und Präsentationen, im Abweichen vom Rezept, im Einpacken von Geschenken, Verzieren eines Kuchens, etc. pp.

Ich bin sehr gut darin zu improvisieren und dieses Talent zur Improvisation wäre ohne Kreativität nicht möglich. Ein Punkt, den ich gerne vergesse. Und dann halte ich Kreativität wieder für das Schaffen großer Kunstwerke und mich für unkreativ. Dabei bin ich ein sehr kreativer Mensch, ich schreibe, fotografiere, stricke, bastel, kann improvisieren und McGyver mäßig aus einer Zeitung und einem Strohhalm mit ein bißchen Farbe eine super Geschenkverpackung zaubern, zum Beispiel.

Kreativität - Duplo Männchen im Gegenlicht, analoge Aufnahme

Kreativ sein heißt Spielen können.

Kreativität heißt für mich auch, in das, was ich tue, total versinken zu können. Egal, ob ich gerade eine komplexe Excel-Tabelle baue, einen Blogtext schreibe oder ein Setting für eine Foto-Session aufbaue.

Kreativität ist die Einladung an mich selber, mit den Möglichkeiten zu spielen und daraus etwas Neues zu erschaffen. Ich möchte mich viel öfter einladen und meine Kreativität ausleben. Mit Kamera, Tastatur, Wolle und Nadeln, Farben und in der Küche. Seitdem die Pandemie über die Welt herein gebrochen ist und sie grundlegend verändert hat, schwieg meine gestalterische Ader. Und das sehr ausdauernd. Was vielleicht damit zu tun haben mag, daß ich dazu neige, mich der Realität der Welt einfach zu entziehen in dem ich mich in Serien oder Dokumentationen verkrieche.

Kreativität - Doppelbelichtung Baumstamm mit Blüten

Kreativität kann man trainieren?

Die letzten Wochen im vergangenen Jahr hatte ich Urlaub und genügend Zeit, um über mich und meine aktuell brachliegende Fähigkeit, schöpferisch tätig zu sein, nach zu denken. Ich kam zu dem Schluß, es fehlt mir an Training. Denn Kreativität ist in der Tat etwas, daß ich trainieren kann. Je mehr ich mich mit meinen schöpferischen Freizeitvergnügungen beschäftige, desto mehr werden aus den Ideensplittern, die mir immer mal wieder in den Kopf schießen, ganze Ketten, auf denen Ideen, Konzepte, Pläne wie schimmernde Perlen aufgereiht sind.

Ein Jahresende inklusive Urlaub bietet eine hervorragende Möglichkeit für eine Rückschau, eine Bestandsaufnahme und einen Ausblick. Also habe ich mich hingesetzt und ohne groß darüber zu urteilen all die Projekte und Ideen runter geschrieben, die ich schon lange gerne angehen möchte, für die ich aber nie die Zeit zu finden glaube. Oder besser gesagt, die ich nie angehe weil ich sie für zu groß halte um sie in meiner Freizeit untergebracht zu bekommen. Was natürlich Blödsinn ist, auch wenn ich Vollzeit arbeite, ich habe genug Freizeit. Es ist nur eine Frage, womit ich sie verbringe. Serien bingen kostet halt Zeit …

Die größeren Projekte, von denen ich mir eingeredet habe, sie wären viel zu groß für mich, die habe ich in Einzelschritte herunter gebrochen. Und schon sehen sie nicht mehr so einnehmend aus, sondern tatsächlich machbar. Für meine geplanten Fotobücher zum Beispiel erstellte ich mir schlichte ToDo-Listen, die einfach abzuarbeiten sind. So wuchs ein umfangreiches digitales Notizbuch, in dem alle offenen Pläne gesammelt sind. Wo Ideen, Fragmente und Konzepte ihren Platz haben.

Statt mich jetzt abends vor den Fernseher zu werfen, nehme ich mir in meiner Freizeit mein digitales Notizbuch, überlege kurz worauf ich Lust habe, und dann fange ich einfach an. Entweder sortiere ich Bilder für Fotobücher, schreibe an Blogtexten, bearbeite Fotos, stricke ein paar Runden und recherchiere nebenbei zu Themen, die mich interessieren, plane Fotosessions, notiere kurz und formlos Ideen, die sich plötzlich ergeben. Das ganze folgt nicht wirklich irgendwelcher Logik, sondern schlicht dem, womit ich mich gerade beschäftigen will. Mein Notizbuch gibt mir einen Pool an Möglichkeiten und Aufgaben, die sich nach und nach zu etwas Größerem zusammen setzen. Und wenn es nur eine Stunde ist, dann ist das eben so.

Wenn mir die Stimmen in meinem Hinterkopf bestimmt wieder einreden wollen, ich sei unkreativ, dann können sie das gerne weiterhin behaupten. Der Rest von meinem Kopf weiß es mittlerweile besser, denn Kreativität ist nicht nur große Kunstwerke zu schaffen, manchmal ist es vielleicht nur das Sortieren und Aussuchen von Bildern für ein Fotobuch. Oder das Erstellen von Vorlagen für ToDo-Listen, die sich für neue Projekte verwenden lassen. Kreativität bedeutet auch, mir ein digitales Notizbuch mit Vorlagen, ToDos und Ideensammlungen für mein Blog zusammen zu bauen.

Kreativ sein bedeutet Zeit für mich.

Zeit für Kreativität ist etwas, daß ich mir bewußt nehme. Und nehmen muß. Von alleine passiert da nicht plötzlich etwas. Die Vorstellung, daß auf einmal der Blitz ins Hirn schlägt und ich mit einer genialen Idee, was ich jetzt superduper Kunstwerkiges auf die Beine stellen könne, geschlagen bin … Nun, das ist eher unwahrscheinlich. Aktuell ist es immer noch dunkel wenn ich nach Hause komme, was das Fotografieren nicht unbedingt erleichtert wenn die Ideen, die ich habe, nun mal Tageslicht voraussetzen. Gut, dann beschäftige ich mich eben mit Bildern aus dem Archiv und sammel dort Inspiration. Entweder, wie ich etwas verbessern kann was ich schon mal gemacht habe oder ich entwickle alte Bildideen weiter. Wenn ich dann die Möglichkeit habe, Tageslicht zu nutzen, dann habe ich einen bunten Strauß an Dingen, die ich ausprobieren kann.

Kreativität ist nun mal ein Muskel. Der stärker wird, je häufiger ich ihn benutze. Das an mir selber zu merken, macht mir wirklich Freude. Zugegeben, dafür wird die Liste der Serien, die ich eigentlich noch gucken wollte, wieder unglaublich lang. Aber ich kann halt nicht alles haben. Im Moment will ich mich nicht mit Serien betäuben, ich will gestalten. Weil es mir Spaß macht und gut tut. Den kreativen Muskel zu nutzen fühlt sich für mich genauso gut an wie ein Spaziergang nach einer langen Autofahrt.

Schlußendlich verbringe ich so eine Menge Zeit mit Dingen, die mir Spaß machen, die mir gut tun und bei der am Ende etwas heraus kommt, was ich in den Händen halten kann. Ein Fotobuch. Ein Paar Socken. Hübsche Bilder für die Wand. Ein schön eingepacktes Geschenk. Oder einfach nur ein weiterer Blogpost.

Am Ende habe ich etwas erschaffen, etwas kreiert. Für mich. Und nur darauf kommt es an.

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