Hallo Dezember, du letzter Monat des Jahres. Das ging irgendwie ziemlich fix jetzt mit Deiner Ankunft. Und wie jedes Jahr fühle ich mich weder nach Winter noch nach Weihnachten. Ich bin doch noch gar nicht fertig mit dem Herbst! Wobei der November es schon ziemlich in sich hatte.
Der gruselige Sieg des Trumpismus, mit dem ich irgendwie gerechnet habe und trotzdem inbrünstig hoffte, daß die Amerikaner sich nicht ein zweites Mal als so dumm erweisen würden für wie sie gerne gehalten werden. Unsere Regierungskoalition ist auseinander geflogen und mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination am Ekel kann man sich die letzten Wochen angucken, wie sich eine demokratische Partei krachend selber zerlegt. Wobei, Lügen mit mehr Lügen kontern scheint ja das neue Erfolgskonzept zu sein … Das Netz glüht mit Fake-News und überall ergießt sich dummer und noch dümmerer Müll ins Netz. Und mich erschüttert, wie viele Menschen jeden Schwachsinn glauben, wird er nur oft genug wiederholt. Wie soll ich da mit dem Kopfschütteln noch hinterher kommen? Man könnte an der Welt, der Menschheit verzweifeln. Nicht nur im November.
Nehme ich hingegen den Fokus auf meine private, kleine Welt, dann war der vergangene Monat kein ganz so übler Bursche. Nette Begegnungen, Übernachtungsbesuch von den Kindern meines Geschwisters, Kino mit dem großen Kind, lecker Essen gehen und ein verlängertes Wochenende im Kloster. Kleinere Katastrophen, wie es sie immer mal wieder hat. Viel herum gebastelt, viel geschrieben – und das ganz altmodisch mit Füller auf Papier, nur für mich. Kleine Momente um kurz durch zu atmen, herunter zu fahren und die kleinen Stellschrauben im Nervenkostüm neu zu justieren.
Mit großen Schritten geht es nun auf die längste Nacht des Jahres zu und der letzte Monat des Jahres 2024 ist angebrochen. Konzentriere ich mich für den Moment eben auf mein kleines Leben und die Dinge, über die ich mich im diesjährigen Dezember freue. Bevor wir dieses Jahr verabschieden. Oder ich doch noch dem Wahnsinn da draußen erliege …
Grund Nr. 1: Ein ganz besonderer Adventskalender.
Woher ich weiß, daß ich den für mich absolut richtigen Mann geehelicht habe? Weil Cookie genau weiß, wie er mein Herz zum Hüpfen bringt. Auch nach sechzehn Jahren noch. Ich habe nämlich einen absolut tollen Adventskalender von ihm geschenkt bekommen. Mit dem er mitten ins Schwarze getroffen hat.
Nix Schokolade. Oder was sich sonst so in gekauften oder selbstgebastelten Kalendern verbirgt. Der Ehemann hat mir einen Krimirätsel-Adventskalender geschenkt. Hinter jedem Türchen verbirgt sich ein Rätsel, das man lösen muß um das nächste Türchen (sprich: den richtigen Umschlag) zu finden. Die Rätsel sind in eine Weihnachtsgeschichte eingebettet. Bisher weiß ich nur, daß der Weihnachtsmann entführt wurde … Das wird ein spannender Advent, ich liebe Rätsel und Knobeleien. Mit so etwas kann man mich stundenlang beschäftigen. Um die Ecke denken ist nun einmal absolut mein Ding.
In knifflige Aufgaben kann ich mich, wie ein Terrier in sein Spielzeug, regelrecht verbeißen. Hat hier etwa jemand Excel gesagt …?
Grund Nr. 2: Das Ding mit dem Adsvenskramz …
Es gibt so Talente, die sind … merkwürdig. Eines meiner merkwürdigen Talente? Ich kann komplizierteste Fach- und Fremdworte nach einmaligen Lesen oder Hören fehlerfrei aussprechen. Ohne mir dabei in irgendeiner Art und Weise die Zunge zu verknoten. So wie zum Beispiel 1,25-Dihydroxycholecalciferol. An Sesquipedalophobie leide ich nun wirklich nicht. Es gibt in meinem Sprachschatz allerdings dieses eine Wort, da setzt es bei mir aus. Bei dem ich mich ständig verhasple. Und nein, das ist weder ein Fremd- noch ein kompliziertes Fachwort. Sondern eines, was Millionen Deutschsprachige Menschen alle Jahre wieder unfallfrei aussprechen können: Adventskranz.
Ich halt nicht. Aus meinem Mund ertönt kein elegantes „Adventskranz“, sondern immer irgendeine Verballhornung dieses, an sich wirklich einfachen, Wortes. Amwenzkanz, Azvengskranz, Avendgrans … Keine Ahnung, was da auf meiner Festplatte kaputt gegangen ist beim Abspeichern. Soll ich Adventskranz sagen, dann klinge ich wie ein logopädischer Patient.
Vielleicht mag ich deswegen keine klassischen Adventskränze. Vielleicht bin ich auch einfach traumatisiert weil so ein Tannenkranzding in meiner Kindheit mal Feuer gefangen hat. Die Katastrophe wurde von meiner Mutter nur mit einem beherzten Griff zur Bierflasche des Onkels und Leeren des Inhalts auf das Tischfeuer verhindert. Allerdings mag ich saisonale Dekoration. Mögen ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort, ich liebe das. Ich besitze zwei große Schuhkartons mit Tüddelkram, aus dem ich jedes Jahr zu Weihnachten etwas anderes auf den Tisch zaubere. Ja, es sind tatsächlich nur zwei Schuhkartons.
Dieses Jahr habe ich ein paar alte Holzblöcke, die ich mal für irgendein Bastelprojekt gekauft habe, das dann nach der ersten Ernüchterung wieder in der Versenkung verschwand und dort vor sich hin staubte, umfunktioniert. Geschliffen, gebeizt und lackiert erstrahlen sie jetzt in neuem Glanz. Bißchen Tannengrün durfte es dann doch sein, ein paar Kugeln und Minizapfen, Cookies Weihnachtsteddy und voila, fertig ist das Adventskranzdings. Mit den guten Bienenwachs-Teelichtern. Und ich freue mich darauf, mich jedes Mal an dem hübschen Ensemble auf meinen Wohnzimmertisch zu erfreuen wenn ich die Kerzen anzünde.
Grund Nr. 3: Ein paar Tage Meerweh kurieren.
Jahresende heißt bei mir auch Betriebsferien zwischen den Feiertagen. Und weil es sich anbietet, hänge ich vorher oder nachher immer noch ein paar Tage Urlaub dran. Cookie hat leider nicht ganz so viele vertraglich vereinbarte Urlaubstage wie ich, deswegen habe ich vor Corona diese Tage immer genutzt, um ein paar Tage ohne ihn irgendwo hin zu fahren. Seit Corona arbeitet der Ehemann überwiegend im Home Office und so sehr ich ihn auch liebe, doch wenn ich ihm den ganzen Tag beim Arbeiten zusehen und, schlimmer noch, zuhören muß, bin ich am Abend genervt von seinen Kunden … Oder bin zwischendrin versucht, ihm das Telefon aus der Hand zu reißen und unflätig „Alter! Er hat das jetzt fünf Mal erklärt, verdammte Hacke! Soll er dir das aufmalen, du dusselige Hupe!“ zu brüllen.
Damit ich nicht zu Cookies Kündigungsgrund werde, habe ich beschlossen, mich dieses Jahr für ein paar Tage an die Nordsee zu verkrümeln. Ruhe und Strandspaziergänge auf Borkum genießen. Vor den Weihnachtsferien ist das bezahlbar, in der Nebensaison liegen die Preise der Ferienwohnungen bei vierzig bis fünfzig Prozent dessen, was man in den Ferien berappen muß. Was ich darüber denke, würde in einen eigenen Beitrag ausarten … Das lasse ich besser und freue mich einfach darüber, günstig ein paar Tage mein Meerweh kurieren zu können.
Grund Nr. 4: Weihnachtskonzert.
Sobald ich mit frisch kuriertem Meerweh wieder im Ruhrpott eingetrudelt bin, steht das Stoppok Konzert in der Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen an. Dort war ich letztes Jahr mit Frau H. aus H. und das hat uns beiden gut gefallen. Nicht nur, weil bis zwei Tage vor dem Termin noch nicht feststand, ob ich tatsächlich dorthin gehen kann – mich hatte kurz vorher doch noch Corona erwischt. Zum ersten Mal. Und das nach drei Jahren Pandemie.
Immerhin, es hat dann zum Glück geklappt und es war ein guter Abend mit Frau H. aus H. als Begleitung. So gut, daß ich ein paar Tage danach direkt Karten für das diesjährige Konzert gekauft habe. Erst lecker essen gehen und dann gute Musik hören? Klingt nach einem vernünftigen Plan. Ich freu mich.
Grund Nr. 5: Nix tun zwischen den Tagen.
Ich sagte es bereits, das magische Wort. Betriebsferien. Und so werde ich mich in den Tagen zwischen den Tagen mit ausgiebigem Nichtstun beschäftigen. Schön die Seele baumeln lassen und das gute Leben genießen. Bevor das neue Jahr mit neuen Herausforderungen startet.
Zeit um Pläne zu machen. Genau, die Pläne, die das Leben freundlicherweise immer zu ignorieren pflegt. Nichtsdestotrotz, ich mag die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Innehalten, das Jahr für mich Revue passieren zu lassen und über gelernte Lektionen nachzudenken. Zur Ruhe kommen und Tee trinken, mich nur mit den Dingen zu beschäftigen, die mir Freude machen. Den Luxus zu genießen, Zeit zu haben, um dem süßen Nichtstun frönen zu können.
Also, auf in den Dezember.
Dann wollen wir mal. Ich mache mir einfach einen schönen, ruhigen Dezember und lasse den ganzen Weihnachtsstreß außen vor. Gibt genug, mit dem ich mich beschäftigen kann, um nicht an dieser Welt und der Menschheit zu verzweifeln. Zur Not übe ich einfach, dieses furchtbar komplizierte Wort Adwemsgrans fehlerfrei auszusprechen.
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine schöne, ruhige Adventszeit. Und zündet die Lichter an.