Verlassener Bahnsteig im Morgenlicht, eine Person unten links, oben Text "Senk ju vor Trävelling wis Deutsche Bahn"

Senk ju vor Träwelling wis Deutsche Bahn – Ticketkauf in fünf Akten.

Akt 1: Deutsche Bahn – meine Reise platzt.

Vor zwei Jahren faßte ich an einem verregneten Samstag den verwegenen Plan, alleine nach Weimar fahren zu wollen. Für ein verlängertes Wochenende. Um mir dort in Ruhe ein wenig Kultur zu Gemüte zu führen. Und weil ich so Kurztrips ungerne mit dem Auto mache, dachte ich mir, ich nutze die Deutsche Bahn. Ich mag Bahn fahren. Also zumindest hat die Theorie, an einem Bahnhof einen Zug zu besteigen und am Zielort entspannt auszusteigen statt mich über Staus, andere Autofahrer und Baustellen zu ärgern, etwas sehr Attraktives. Ich widme meine Aufmerksamkeit während der Reisezeit lieber einem guten Buch statt dem Verkehrswahnsinn auf deutschen Straßen.

Immerhin gab es eine Direktverbindung vom Ruhrpott bis nach Weimar. Zumindest gab es die, als ich die Tickets gebucht habe. Kurz danach erhielt ich die freundliche Information von der Deutsche Bahn AG, daß die Direktverbindung auf unbestimmte Zeit aufgrund von Bauarbeiten an der Strecke nicht mehr angeboten würde, es gäbe allerdings eine nette Alternative.

Die Alternative enthielt dann vier Umstiege zwischen Ruhrpott und Weimar. Von denen zwei in einem Zeitraum von fünf Minuten lagen. Fünf Minuten, um mit Gepäck von einem Gleis quer durch einen unbekannten Bahnhof zum nächsten zu galoppieren – vorausgesetzt, der Zug wäre pünktlich? Kann man machen, hat allerdings außerordentliches Potential, schief zu laufen. Denn wie wir immer wieder lesen, mit der Pünktlichkeit hat es die Deutsche Bahn ja seit einiger Zeit nicht mehr so … Also habe ich damals verärgert das Hotel (kostenlos) sowie die Tickets storniert und, was ich vorher auch nicht wußte, mein Geld nicht zurück erhalten sondern lediglich Gutscheine. Abzüglich 10,- € je Ticket. Bearbeitungsgebühr. Fand ich schon … sagen wir mal diplomatisch, mehr so semi-kundenfreundlich. Aber gut, machste nix dran. Die nächste Reise kommt bestimmt.

Akt 2: Ich möchte nicht nur hin, sondern bitte auch zurück.

Kam sie. Denn was macht man, wenn der Urlaub einen mit Sturm und Regen verwöhnt? Genau, mit Sicherheit nicht Motorrad fahren, wie ursprünglich geplant. Stattdessen saß ich in unserer Ferienwohnung und schaute gelangweilt abwechselnd aus dem Fenster in den Regen und auf meinen Laptop. Und kam kurzentschlossen auf die Schnapsidee, meinen Urlaub im Dezember dazu zu nutzen, ein paar Tage ans Meer zu fahren. Meerweh kurieren und so.

Ferienwohnung auf Borkum gesucht, gefunden, angefragt und am nächsten Tag fest gebucht. Da man auf Borkum alles fußläufig erreicht und kein Auto braucht, bot sich die Bahn als Reisemittel der Wahl an. Da war doch noch was? Richtig, die Gutscheine! Und so loggte ich mich auf der Website in mein Kundenkonto ein, wählte eine Verbindung für die Anreise aus und stolperte für die Rückreise über die hilfreiche Mitteilung, daß für den gewünschten Tag der Rückreise noch keine Buchung möglich sei. Weil, außerhalb des Fahrplanzeitraumes. Ich möge doch bitte nach dem 16.10. wiederkommen um meine Rückreise zu buchen, da sei der neue Fahrplan da.

Okay, okay. Dann buche ich eben getrennt. Habe ich immerhin schon mal die Hinreise und kaufe das Ticket für die Rückfahrt nach dem 16. Oktober. Das sollte ich hinkriegen. Fähre kann ich später noch buchen, wenn ich weiß, mit welchem Zug ich zurück fahren werde.

Akt 3: Kauf eines Tickets, erster Versuch.

Und dann kam der Samstag nach dem Fahrplanwechsel. Da fiel mir ein, daß ich die Fähre ja noch gar nicht gebucht hatte. Warum eigentlich noch mal hatte ich das vor mir her geschoben? Ach ja, da war doch was. Die Buchung wollte ich machen wenn ich wüßte, zu welcher Zeit ich mit welchem Zug die Heimreise antrete. So schritt ich dann zur Tat, diesen Punkt von meiner Aufgabenliste zu streichen und dachte mir, ich buche mal eben ein Rückfahrtticket und die Fährverbindung. Mal eben. Genau.

Website geöffnet, eingeloggt, Verbindung raus gesucht, Gutschein-Code eingegeben, Sitzplatz reserviert und auf bezahlen gedrückt. Und wie beim Ticket für die Hinfahrt auch mit PayPal bezahlt. Dann passierte? Richtig, nix. Keine Mail, kein Ticket in der DB App. Aber eine Bestätigung vom Zahlungsdienstleister über Betrag X. Hmm, das ist merkwürdig. Denn für gewöhnlich dauert das keine zwanzig Sekunden, bis die Mail mit dem Ticket eintrudelt …

Da stimmt was nicht. Und wenn was nicht stimmt, dann ruft der vernunftbegabte Mensch die Hotline an. Vorausgesetzt, er findet die Nummer. Die Deutsche Bahn und deren Hilfeseite sind nicht für Menschen wie mich gestaltet. Es gibt Formulare und FAQ für alles Mögliche, was man recht zügig findet. Die Nummer der Hotline? Haben sie ein wenig versteckt … Ich hab sie dann mit viel Fluchen gefunden und mir knapp zwanzig Minuten Warteschleife angetan bevor ich tatsächlich einen echten Menschen dran hatte. Die freundliche Dame hat mir dann erklärt, daß mein Ticket vom System automatisch storniert worden wäre – das könne schon mal passieren wenn man mit PayPal bezahle und das System zu lange bräuchte oder die Verbindung unterbrochen wäre. Sie schickt mir den eingelösten Gutschein noch einmal zu, ich müsse erneut buchen, solle dabei aber besser ein anderes Zahlungsmittel als PayPal verwenden.

Akt 4: Turnen wir das Prozedere noch einmal durch.

Gut, dann machen wir das noch einmal. Ist ja Samstag und ich habe Zeit. Aus „mal eben“ eine Fahrkarte kaufen war ein lustiger Zeitvertreib von mittlerweile fünfzig Minuten geworden. Die Verbindung erneut herausgesucht, Sitzplatz reserviert, Daten eingegeben, Gutschein eingelöst und mit Kreditkarte bezahlt. Dieses Mal habe ich das Prozedere vorsichtshalber nicht auf der Website durch geturnt, sondern in der DB App.

Und dann passierte was? Nix. Keine Mail, kein Ticket in der DB App und Gutschein futsch. Ich wartete. Zehn Minuten, zwanzig Minuten und immer noch nichts. Ich gab dem System noch ein wenig Zeit und ging erst einmal duschen. Und siehe da, nach dem Duschen informierte mich die DB App erfreut darüber, daß ich jetzt nicht nur ein, sondern zwei stornierte Tickets hätte und der Fahrpreis auf das gewählte Zahlungsmittel erstattet würde. Den Gutschein über 41,65 Euro bekam ich allerdings wieder nicht per Mail. Im Ernst jetzt?

Akt 5: Die Deutsche Bahn hält telefonisch Händchen.

Immerhin konnte ich mir jetzt das Suchen nach der Nummer der Hotline ersparen und einfach die Wahlwiederholung betätigen. Dreizehn Minuten Warteschleifengedudel. Dann erkläre ich einem freundlichen jungen Mann mein Problem und komme mir schon ein wenig doof vor. Der Mitarbeiter sendet mir per Mail erneut einen Gutschein-Code und erklärt mir, warum das jetzt zum zweiten Mal nicht geklappt habe. Offenbar hätte sich während des Bestellvorganges meine IP geändert und das mag das System der DB nicht. Ich äußere die Vermutung, daß das System der DB meine Person heute anscheinend so generell nicht mögen würde und ob ich das persönlich nehmen solle. Der junge Mann lacht.

Auf meine scherzhaft gemeinte Frage, ob das mit der Buchung jetzt wohl klappen würde oder ich den Kundendienst im Falle des dritten Stornos erneut kontaktieren müsse um meinen Gutschein zurück zu erhalten, bot der freundliche Mann an, einfach in der Leitung zu bleiben während ich ein weiteres Mal versuchte, eine Rückfahrt aus dem Urlaub auf die Kette zu bekommen. Sozusagen betreutes Online-Ticket buchen mit charmanter Unterhaltung. Telefonisches Händchenhalten beim Online-Kauf von Fahrkarten? Hatte ich auch noch nicht.

Dieses Mal die Kombination aus Website und Kreditkarte gewählt und siehe da, fünf Sekunden nach Abschluß des Kaufvorgangs plöppte eine Mail mit dem Betreff „Buchungsbestätigung Deutsche Bahn“ in meinem Postfach auf. Heureka! Ich muß jetzt nicht mit meinem Koffer von Emden Außenhafen zu Fuß zurück in den Ruhrpott pilgern. Nach drei Versuchen, zwei Telefonaten mit der Hotline, zwei neuen Gutscheincodes und knapp zwei Stunden später habe ich die Erlaubnis erworben, mit dem Zug nach Hause fahren zu dürfen.

Ende gut, alles gut.

So kann man dann auch gut zwei Stunden verbringen. Mal eben. Bei aller Kritik, die man (berechtigterweise) an der Deutschen Bahn äußern kann, muß ich ihr eines wirklich lassen. Sie haben einen freundlichen Kundenservice am Telefon. Ich habe früher schon wegen anderer Probleme mit deren Hotline telefonieren müssen und ich habe nie schlechte Erfahrungen dort gemacht. Mir ist immer nett und kompetent geholfen worden. Ich möchte nicht wissen, wie viel Frust und Ärger die Mitarbeiter sich dort täglich geben müssen. Nicht jeder Kunde wird dabei nett bleiben oder das mit Humor nehmen.

Übrigens, das Buchen des Fährtickets im Anschluß hat zwei Minuten gedauert. War schon fast etwas enttäuschend.

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