Man mag das kaum glauben doch das Ding mit dem Yoga und ich haben in der Tat eine mittlerweile fast zwölf Jahre alte gemeinsame Geschichte. Keine sehr glatte, zugegeben. Ganz im Gegenteil, dieses Ding mit dem Yoga und ich sind mehr so „Ich guck dich jetzt mit dem Arsch nicht mehr an“ Typen, die das ganz knallhart durch ziehen. Zur Not auch über Jahre hinweg.
Dabei habe ich, und das ist vermutlich die vorweg genommene Ironie an der Geschichte, mal für ein paar Monate in einem großen Yoga-Zentrum im Teutoburger Wald gelebt. Das mag ein wunderbarer Ort sein um dort Urlaub zu machen. Oder auch um dort in einer Gemeinschaft zu leben und zu arbeiten, die sich dem Yoga in all seinen Aspekten verschrieben hat. Wenn man der Typ dafür ist sich den doch recht starren Regeln, Ritualen und Verboten zu unterwerfen. Die mir nie so wirklich einleuchtend erklärt worden sind.
Ich stehe Religionen skeptisch gegenüber. Und wenn ich nicht einleuchtend erklärt bekomme warum zum Geier etwas so ist wie es ist oder mich die Erklärung mit dem Gefühl von „Alter, ernsthaft jetzt?!“ zurück läßt ist das kein guter Anfang um meine Skepsis in die Wallachei zu jagen. Ich bin nicht der Typ der ungefragt Regeln, Rituale und schon mal gar nicht Gebete in einer Sprache, die ich nicht verstehe, übernimmt ohne sie zu hinterfragen. Von daher hatten das Yoga und ich einen schlechten Start in einer im Kern doch sehr religiösen Umgebung.
Lustigerweise kann das Ding mit dem Yoga jetzt gar nichts dafür daß wir uns zuerst an einem Ort begegnet sind, der für mich nicht der richtige Ort war. Auch wenn sich das damals anders angefühlt hat, aber gut. Manchmal muß ich erst älter werden um im Rückblick den Weg überschauen zu können. Ich mochte das Yoga, trotz der Umstände.
Trotzdem gingen wir getrennte Wege nachdem ich von meinem Ausflug in die spirituelle Welt zurück in den Ruhrpott kam. Ich wollte mit diesem ganzen Kram vorerst nichts zu tun haben, dennoch blieb ein klitzekleiner Rest der ehemaligen Sympathie und Faszination irgendwo tief in meinem Hinterkopf. Und schlummerte da so vor sich hin. Ab und an klopfte es mir dann sacht von innen an die Stirn „Hömma, sollen wa nicht noch ma?“
Wir haben es dann noch mal versucht, dieses Ding mit dem Yoga und ich. Es hat nicht geklappt. Ich hätte gerne gewollt hatte aber etwas ganz Elementares nicht so richtig verstanden: es geht beim Yoga nur um mich selber. Nicht darum, wer beweglicher ist oder stärker oder besser. Sondern darum, was ich kann und wie weit ich die Grenzen meines Körpers erfühlen und bearbeiten kann. Wenn man das nicht verstanden hat sondern in Konkurrenz mit den schlanken, biegsamen Menschen zu treten versucht dann kann das nicht funktionieren. So Menschen, die einen entweder mitleidig oder gehässig anschauen während man selber versucht das doch recht ausladende Hinterteil für etwas, das man früher in der Turnstunde schlicht Kerze genannt hat, in die Luft zu wuchten.
Yoga hat seine Wurzeln im Hinduismus und gerade der körperliche Aspekt, sprich die Körperübungen in Form der schicken Knoten, in die Menschen sich verbiegen, die es richtig, richtig gut können, entwickelt wurde um den Körper zu kräftigen für lange, stille Meditationen im Sitzen. Versucht mal, eine halbe Stunde auf einem kleinen Kissen zu sitzen, das unter Eurem Hintern im Minutentakt zu schrumpfen scheint, ohne das gewohnt zu sein. Mir tut davon das Hinterteil weh. Und ich habe eine Menge Hinterteil.
Für mich ist Yoga schlicht Sport. Ein sehr sanfter Sport, in dem es nicht um Höchstleistungen geht sondern darum, den eigenen Körper und seine Grenzen zu erfahren, sich langsam zu dehnen und durch den Wechsel von Anspannung und Entspannung ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Muskelgruppe da eigentlich gerade in Arbeit war. Sicher gibt es in der dazu gehörigen Philosophie eine Menge Dinge, mit denen man sich auseinander setzen und eine Menge für sich selber heraus ziehen kann. Ich brauche allerdings diesen religiösen Aspekt nicht und ich bin auch niemand der Licht und Liebe in die Welt meditieren kann. Ich kann meinem Atem nachspüren und die Dehnung meines Körpers bewußt wahrnehmen während ich mich im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten verknote, doch bin vermutlich einfach zu beschränkt dafür mir gleichzeitig noch vorzustellen Licht irgendwo in meinen Körper zu atmen.
Es ist schon ein bißchen dämlich, so im Nachhinein, sich von der Meinung anderer davon abbringen zu lassen sich selber etwas Gutes zu tun. Ich mein, ich gehe ja auch schwimmen und da habe ich im Normalfall nur einen Badeanzug an. Und ich schwimme nur für mich ohne daß mich interessiert was andere, die da ebenfalls so mehr schlecht als recht durchs Wasser dümpeln, über meine Leistung denken. Ich tue das schließlich für mich, nicht für andere. Warum sollte es mit dem Yoga so anders sein? Dann laß sie halt gucken oder sich ihren Teil denken. Also haben das Ding mit dem Yoga und ich einen weiteren Anlauf gestartet.
Die erste Stunde war am Dienstag. Die ich fast hätte ausfallen lassen wenn ich mir nicht dafür vor Cookie die Blöße hätte geben müssen erst groß die Schnauze aufgerissen und nachher doch den Schwanz eingekniffen zu haben. Gut, daß ich dort war. Sie war so schön, diese Yogastunde. Sehr sanft und ruhig. Und es ist mir tatsächlich gelungen anderthalb Stunden nur bei mir, meiner Atmung und meinem Körper zu bleiben. Auch wenn einige der Übungen für mich schlicht noch nicht möglich sind weil da zu viel von mir im Weg ist oder mir die Beweglichkeit fehlt. Dann lasse ich sie eben aus und gut ist. Vielleicht später. Vielleicht auch nie. Ich mache das für mich und mein Wohlbefinden, ich muß niemandem etwas beweisen und ich muß mit niemandem in Konkurrenz treten.
Und weil es so schön paßt und mir der frühe Vogel gefehlt hat stehe ich jetzt wieder morgens um fünf Uhr auf. Mache eine halbe Stunde in aller Ruhe meine Yoga-Übungen und starte gut gelaunt in den Tag.
Ich glaube das wird doch noch was mit mir und diesem Ding namens Yoga.
Haha… ähnlich wie ich 😉 nur das mein erster Ausflug in den Welt des Yogas noch nciht so lange zurückliegt sondern erste in halbes Jahr… aber die Feier zum 5jährigen bestehen des Studios mit gemeinsamen kochen (bis dahin noch super) aber als wie dann eine Stundenlange Opferzeremonie mit singsang und Räucherstäbchen für einen der Gottheiten gemacht haben ist für mich das Ding erst mal aus gewesen 😉
Bald geh ich wieder hin… bestimmt!
LG
Hi Michaela,
ich hab mich grad schlapp gelacht bei dem Gedanken wie Du Räucherstäbchen schwenkst und dabei vor Dich hin singsangst. Kopfkino vom Feinsten 😀
Ansonsten such Dir ein anderes Studio – wenn man mit der spirituellen Seite nix anfangen kann ist doch auch okay. Ich hätte da auch keinen Bock mehr drauf. Die Zeremonie heißt übrigens Puja, gibt es wohl auch in der Feuerversion. Ich habe mich immer davor gedrückt und lieber irgendwo tief im Teutoburger Wald mit anderen Irren Lagerfeuer gemacht bei minus fünf Grad und Schnee draußen 🙂
Liebe Grüße,
Mirtana
Finde ich großartig. Und ich kann dich gut verstehen! Hier gab es mal irgendwo in der Ecke einen Yogakurs für „Übergewichtige“.. äh, ja. Sowas mag ich eigentlich nicht. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass viele einfach gehemmt sind aus eben den von dir genannten Gründen, war das vermutlich gar nicht mal so verkehrt….
Und das mit dem Licht einatmen, nun ja. Ich war mal vor Jahren bei einem Heilpraktiker. Aus diversen Gründen. Und unter anderem wollte er mit mir Meditationsübungen machen. Ich hock also da so auf meinem – viel zu engen – Stuhl und hab die Auge zu. Er führt mich geistig durch einen Wald, fragt was ich sehe.. etc. Und dann soll ich still sein. Im Geist durch den Wald spazieren. Was ich gemacht habe? Geistig meine Einkaufsliste geschrieben, überlegt, welche Mails an dem Tag noch raus müssen … etc. Aber hey, ich war hinterher schön entspannt, weil ich in der Zeit schon mal den Plan für die kommende Woche fertig hatte 🙂
N’Abend Haydee,
nun, ich finde Yoga speziell für Übergewichtige gar nicht mal so verkehrt. Nicht nur in Anbetracht der Tatsache, daß viele gehemmt sind sondern auch einfach weil man als dicker Mensch mit ganz anderen Voraussetzungen an die Kiste heran geht. Viele der Stellungen sind einfach nicht möglich wenn man viel Bauch und Busen oder viel Hintern im Weg hat. Gilt übrigens auch für viele andere Sportarten die man mit viel Gewicht einfach anders angehen muß.
Meditation habe ich vor einiger Zeit wieder einschlafen lassen, kann das aber auch am Besten alleine oder bei Stille. Wenn mir einer etwas vorquatscht und ich mir dann was vorstellen soll? Geht leider gar nicht. Ich höre zum Beispiel auch bei der Tiefenentspannung nie auf das was der Kursleiter erzählt, zumindest nicht bewußt. Sondern drifte mehr so in eigene Gefilde ab.
Liebe Grüße,
Mirtana