Ja, ich bekenne mich schuldig. Einfach nach monatelanger Vernachlässigung meines virtuellen Wohnzimmers so klammheimlich erst im September wieder hinein geschlichen kommen und so tun, als sei nix gewesen. So ist das nun mal mit mir und meinen Hobbys und ständig wechselnden Interessen. Den einen Tag brenne ich dafür, gefühlte tausende Bilder auf meine Speicherkarte zu brennen um dann wieder die Kamera für Wochen in die Ecke zu stellen. Die eine Woche schreibe ich jeden Abend als wäre der Teufel hinter mir her, dann veröffentliche ich Monate exakt null Beiträge. Und ständig fange ich etwas neues an. Mein aktuelles Steckenpferd? Ein Blechkasten mit hundertzwanzig (ja, richtig. 120!) verschiedenfarbigen Buntstiften und ein Malbuch für Erwachsene … Wie, wer wird denn da lachen?
Ja, man findet mich gelegentlich in der Küche und da male ich vorgedruckte Mandalas aus. Und dann sind die auch noch kitschig. Ich glaube, ich lasse das Thema jetzt besser. Aus der Nummer komme ich nicht unbeschadet heraus, also fangen wir mal an mit der aktuellen Monatsliebe. Denn während Sie hier lesen, warum ich mich auf einen genialen September freue, sitze ich mit richtig dicken Backen zu Hause …
Grund Nr. 1: Mit knapp vor vierzig die Weisheitszähne los sein.
Das mag ein wenig bekloppt klingen. Nun, ganz sicher tut es das. Aber das Beste am diesjährigen September ist die Tatsache, daß mich Ende August alle vier Weisheitszähne in einem Rutsch verlassen haben. Die Drecksbiester haben mir eine Menge Ärger und vor allen Dingen Schmerzen verursacht, das geht auf keine Kuhhaut. Dementsprechend bin ich zwar maulig weil Backen dick und Aua und so, doch das geht vorüber …
Und damit endet hoffentlich die größte Baustelle ohne Komplikationen, die mich seit einem halben Jahr Gebißsanierung begleitet … Nun leide ich, wie ziemlich viele Menschen, unter einer sehr ätzenden Zahnarztangst. Die Art von Angst, wo man schweißgebadet den Hörer auf die Gabel wirft wenn sich am anderen Ende eine gutgelaunte Stimme mit „Zahnarztpraxis Blubb, Frau Bla am Apparat …“ meldet. Und wenn ich vor etwas Angst habe, dann mache ich das, was so ziemlich viele Menschen auch tun: ich vermeide die Angstsituation. So lange alles gut und eben nicht kaputt ist oder keine Schmerzen macht, warum soll ich mich dann dem Streß eines Zahnarztbesuches aussetzen?
Ich weiß, daß das nicht unbedingt für eine herausragend intelligente Leistung meinerseits spricht, das Thema Zahnarzt über … hust … fünfzehn Jahre lang aufgeschoben zu haben. Das rächt sich, glauben Sie mir. Zu meinem Glück, und das meine ich exakt so (egal wie schräg das klingt), ist mir dann ein Stück Backenzahn abgebrochen und hat mich gezwungen, mich dem Monster namens Zahnarztbehandlung stellen zu müssen. Internet sei dank habe ich zwei Orte weiter eine wirklich gute Praxis gefunden, die mit Angstpatienten umgehen kann. Tja, seit einem halben Jahr heißt es „Andere Menschen haben Hobbys, ich habe Zähne …“ Um so erfreulicher, wenn endlich ein Ende abzusehen ist und ich demnächst nur zur Kontrolle und Zahnreinigung dort auflaufen muss.
Grund Nr. 2: Ich lerne (immer noch) Motorrad fahren.
Sobald meine Backen, Wangen oder wie immer Sie es nennen wollen, wieder Normalmaß erreicht haben und ich in der Lage bin, mein Gesicht schmerzfrei in meinem Motorradhelm unterzubringen, geht der Fahrunterricht weiter. Alter Falter, hätte ich gewußt, wie viel Bock das macht, dann hätte ich nicht erst bis kurz vor vierzig damit gewartet, den Führerschein für Klasse A zu machen.
Wie Bolle freue ich mich drauf, wenn ich wieder zur Fahrstunde kann. Denn mittlerweile bin ich auf der großen Maschine unterwegs und glaube meinem Fahrlehrer sogar, daß der wirklich davon überzeugt ist, aus mir eine Motorradfahrerin machen zu können. Ich versichere Ihnen, hätten Sie meine ersten Versuche auf dem Hof gesehen, die mehr einer Reit- denn einer Fahrstunde glichen, Sie hätten ebenso an mir gezweifelt wie ich das tat. Keine Sorge, ich quäle Sie zu einem anderen Zeitpunkt bestimmt noch mal mit diesem Thema, für den Moment machen wir mal weiter im Text.
Grund Nr. 3: Ein Wochenende in Franken.
Fast genau vor einem Jahr entstanden die Bilder von meinem analogen Spaziergang durch Rothenburg. Und auch dieses Jahr verschlägt es Cookie und mich wieder auf ein Wochenende nach Franken um dort Freunde zu treffen, mit denen uns die Vorliebe für ein bestimmtes Motorrad verbindet. Die Gemeinschaft dort ist etwas Besonderes und ich bin heilfroh, daß Cookie sich damals für die Honda NTV entschieden hat – mit dem Motorrad kam, unter anderen Dingen, das Forum mit seiner Gemeinschaft in unser Leben und ich für meinen Teil möchte all die Chaosqueens, Sturköpfe, Individualisten und Bruchpiloten nicht mehr missen.
Ach ja, die Ecke ist wirklich ein schönes Fleckchen Erde – auch wenn ich erst nächstes Jahr in den Genuß komme, dort Moped fahren zu dürfen. Bis dahin schaffe ich die praktische Prüfung Klasse A zeitlich gar nicht, immerhin gehe ich nebenbei noch vierzig Stunden arbeiten.
Grund Nr. 4: Wir haben Karten für Hennes Bender!
Normalerweise sind die Karten immer super schnell weg, gerade hier im Ruhrpott. Deswegen habe ich mich umso mehr gefreut, spontan noch Karten für das neue Programm „Ich hab nur zwei Hände!“ ergattert zu haben, mit dem Herr Bender jetzt im September frisch auf Tour geht. Nicht erst eine Veranstaltung in 2020, sondern tatsächlich noch in diesem Jahr. Ich mag den kleinen Irrwisch mit der schnellen Kodderschnauze und ich freue mich, ihn jetzt zum dritten Mal live zu erleben. So lange wie er das schon macht, man merkt ihm an, er tut das mit Herzblut. Er kloppt nicht seit zwanzig Jahren auf den gleichen, mittlerweile abgenudelten Klischees herum wie andere seiner Kollegen, die mit „Kennze, kennze, kennze, wa?!“ ganze Arenen füllen. Er geht respektvoll mit seinem Publikum um, spielt in kleinen Häusern und gibt auf der Bühne unglaublich viel von sich. Wie gesagt, ich mag ihn. Aber gut, ich hab eben ein Herz für Nerds jeglicher Couleur. Egal, wie groß. Oder klein.
Übrigens, wer Herrn Bender mag und Herrn Sträter nicht abgeneigt ist, die Beiden machen zusammen mit Gerry Streberg einen klasse Podcast: Sträter Bender Streberg. Oder auch „Lutsch mich rund und nenn mich Bärbel“. Hört mal rein wenn Ihr Euch für Serien, Filme, Hörbücher und den ganzen Nerdkram interessiert. Ach ja, und alles Gute auch beruflich (kleiner Insider).
Grund Nr. 5: Im September ist Kalendarischer Herbstanfang!
Am 23. September, um 9:50 Uhr, ist es endlich wieder soweit: der kalendarische Herbstanfang steht mit dem Äquinoktium vor der Türe! Mit dem was fürn Ding? Ja, ab und zu kann ich sogar Fremdworte, in diesem Falle die aus dem Latein abgeleitete Bezeichnung für Tagundnachtgleiche. Schon gut, genug auf gebildete Intelligenzbestie gemacht.
Der Herbst ist einfach meine liebste Jahreszeit. Wenn die Hitze des Sommers endlich vorbei ist und die Nächte nicht nur länger, sondern vor allen Dingen auch kühler werden. Morgens Tau in Spinnweben glitzert und ich die Strickjacken, Tücher und Stulpen wieder aus der Kiste kramen kann. Kerzen anzünden können ohne die Bude noch weiter aufzuheizen und, ganz ganz wichtig, bald wird es Zeit für Eintöpfe und Suppen. Das Licht morgens und abends hat diese goldene Qualität und die Bäume ziehen ihre farbenprächtigen Kleider an um uns den Abschied vom Sommer zu versüßen. Wie kann man den Herbst nicht mögen?
Hallo Herbstliebe. Ich wäre jetzt soweit.
Grund Nr. 6: Endlich wieder Yoga-Kurs!
Im letzten Semester gab es bei der VHS leider keinen, für meine Arbeitszeiten passenden, Yoga-Kurs. Wobei, vielleicht sollte ich den Tag nicht vor dem Abend loben, es wäre nicht das erste Mal, daß ein von mir gebuchter Kurs bei der VHS nicht zustande kommt …
Bis jetzt sieht es immerhin noch so aus, als findet der Kurs statt. Zumindest sind bei mir noch keine anders lautenden Informationen angekommen. Yoga hat mir gefehlt, das letzte halbe Jahr. Einmal die Woche abschalten, zur Ruhe kommen und den Alltag vor der Türe lassen. Alleine für mich im Wohnzimmer kann ich auch Yoga machen, hat aber irgendwie selten den gleichen Effekt wie anderthalb Stunden Kurs. Ja, auch wenn in der Tiefenentspannung immer, und ich meine wirklich immer, irgendwer das Schnarchen anfängt.
Der hat Potential, dieser September!
Trotz der melancholischen Bilder, die übrigens alle analog entstanden sind. Mir war danach. Also nach Melancholie und ohne Farbe. Wenn Sie lieber bunt hätten, ich kann Ihnen 120 verschiedenfarbige Bleistifte anbieten?
Und, da man zum Ende ja immer irgendwas fragen sollte damit Sie als Leser verstehen, daß Sie jetzt die Gelegenheit haben, loszuwerden was Ihnen nach 1384 Worten meinerseits so unter den Nägeln brennt, kommt nicht nur ein ewig langer Schachtelsatz, sondern auch eine Frage:
Wie wird denn Ihr September so?