Sechs Herbstblätter von rot bis gelb vor einer Hauswand, festgehalten von einer Hand, Schriftzug #Journal 29. Oktober 25

#Journal 29. Oktober 25

Uff. Das war mal ein langer Tag. Und bevor jemand fragt, natürlich hat die Taktik „Lange aufbleiben, länger schlafen“ auch heute nicht funktioniert. Auf dem Wecker leuchtet mir freundlich 05:27 entgegen. Ich diskutiere heute nicht mit der inneren Ticktack, sondern stehe einfach auf. Das hat sie jetzt davon. Wenn ich mich schon mit saisonaler seniler Bettflucht herum schlagen muß, dann kann ich die Zeit besser nutzen als mit den Gegebenheiten zu hadern. Also ab auf meine Meditationsmatte und zwanzig Minuten atmen. Siehe da, funktioniert schon besser als die vergangenen Tage.

Und weil ich entspannt Zeit habe, füttere ich mein analoges Tagebuch mit den Gedanken, Zweifeln und Fragen der letzten Tage. Denn, wen wundert es, das regelmäßige schriftliche Reflektieren habe ich die letzten Wochen ebenfalls ziemlich schleifen lassen. Obwohl ich mir eigentlich eine Menge zu sagen und noch mehr Gedanken aus dem Kopf zu schreiben gehabt hätte. Und immer noch habe. Das wirklich praktische an diesem ganzen Achtsamkeits- und Meditationsgedöhne? Ich kann immer wieder dazu zurück kehren und neu anfangen.

Im Moment geht mir eine Menge durch den Kopf. Vor allem nagen Zweifel an mir, wie sie das immer tun, wenn ich neue Wege gehen möchte. Da gibt es diese kleine, fiese Stimme in meinem Hinterkopf, die leise flüstert „Naaah Mäuschen, haben wir den Mund da nicht etwas zu voll genommen? Das kriegst du nie hin, damit rennst du doch nur krachend vor die Wand.“ Auf Stimmen zu hören, die im eigenen Hinterkopf wohnen? Klingt nicht gerade danach, als ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte. Stört mich nicht unbedingt, ich kenne diese Stimmen in all ihren Ausprägungen seit Jahren. Ach was, seit Jahrzehnten. Man gewöhnt sich dran.

Ich habe mich bereit erklärt, neue Aufgaben zu übernehmen. Neben meinem Hauptjob. In der neuen Legislatur werde ich ab Mitte November die Ratsfraktion der Grünen in Gladbeck als Fraktionsgeschäftsführerin unterstützen. Nach den enttäuschenden Wahlergebnissen der vergangenen Kommunalwahl hat es für mich nicht gereicht, um in den Rat einzuziehen. Also werde ich mich der Organisation widmen. Und, wenn ich ehrlich sein darf? Bin ich dort vermutlich besser aufgehoben. Mein Verkaufstalent ist minimal ausgeprägt und frei reden ist nicht unbedingt meine Stärke, dafür kann ich Back-Office. Das wird herausfordernd, keine Frage.

Es beinhaltet auch, daß ich meine Tage anders strukturieren muß, um zum einen meinem Hauptbroterwerb nicht zu vernachlässigen und zum anderen die Ratsfraktion vernünftig zu unterstützen. All diese Zweifel und Fragen, die mir dazu durch den Kopf geistern, werfe ich mittels Füller in mein Tagebuch. Da sind sie gut aufgehoben und nerven mich den restlichen Tag nicht mehr. Das wird sich schon alles irgendwie zurecht ruckeln.

Apropos Hauptbroterwerb, auf zur Arbeit. Der Faulheit wegen nehme ich heute das Auto mit zur Arbeit. Notiz an mein zukünftiges Ich: vernünftigen Rucksack kaufen um mein Notebook sicher von A nach B zu transportieren – meine aktuelle Tasche paßt mehr schlecht als recht in meine Packtaschen am Fahrrad und ich möchte das teure Gerät nicht unbedingt mehr als nötig durch die Gegend schütteln auf der Schlaglochpiste, die sich mein Arbeitsweg schimpft.

Mittags habe ich mir angewöhnt, wieder spazieren zu gehen. Was in Corona-Zeiten als Notwehr gegen Bluthochdruck begann und den netten Nebeneffekt hatte, mich in der Pause nicht mit Schwurbel beschäftigen zu müssen, schlief im Laufe der Zeit wieder ein. Am Ball bleiben? Kann ich super. Nicht. Neuerdings habe ich Kollegen, die zu Beginn der Mittagspause in meiner Türe stehen und mich zum Gassi gehen abholen möchten. Das macht es einerseits leichter, sich eine halbe Stunde an frischer Luft zu bewegen.

Andererseits? Ist das für mich ungewohnt. Weil, man unterhält sich ja schon so, der Höflichkeit halber, wenn man nebeneinander durch den herbstlichen Park stapft. Und wenn ich alleine spazieren gehe, dann bin ich gewohnt, in Ruhe meinen Gedanken nachhängen zu können, mit voller Aufmerksamkeit einen interessanten Podcast zu hören oder mich einfach mit Musik berieseln zu lassen. Am Ende ist das Ergebnis das Gleiche: ich komme gut gelüftet und bewegt zurück an meinen Arbeitsplatz. Weil es einfacher ist, sich aufzuraffen wenn ich nett gefragt werde, ob ich mit spazieren möchte als wenn ich mich alleine davon zu überzeugen versuche, daß ein Spaziergang jetzt eine prima Idee sei.

Und jetzt gehe ich noch ein wenig Tad Williams „The Witchwood Crown“ lesen. Morgen ist Home Office angesagt. Heißt übersetzt „Ohne großartige Störung an Aufgaben arbeiten, die Konzentration erfordern“. Denn damit hapert es bei mir, je älter ich werde. Ich brauche immer länger, um mich nach einer Störung wieder zurück in meine Aufgabe zu fummeln. Und ich bin viel leichter zu stören und aus der Konzentration zu bringen. Kann man Konzentration trainieren? Für sachdienliche Hinweise hinterlassen Sie mir gerne Ihre Tips.

So, jetzt aber. Gute Nacht, Internet.

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