Neues Jahr, neue Schandtaten. Mit der neuen Rubrik „Das Wort zum Sonntag“ möchte ich Euch gerne Texte servieren, die sich um ein bestimmtes Thema drehen. Lose Gedanken, Meinung, Erfahrungen. Den Einstieg wage ich mit einem Thema, das mir schon lange in den Fingern juckt und auf der Zunge liegt. Oder eigentlich mehr so nicht auf der Zunge liegt … Das erste Wort zum Sonntag geht an: Alkohol.
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Unbestritten gehört Alkohol zu unserer Gesellschaft. Man entkommt ihm nicht. Wein, Bier, Schnaps gehören bei diversen Anlässen einfach dazu und mir als der armen Socke, die wirklich immer (!) fahren muss (!), wird bei eben jenen Anlässen Mitleid entgegen gebracht weil ich, wieder mal, nicht mit trinken kann. Tja, schade aber auch. Meistens scheitere ich bei dem Versuch, meinen Mitmenschen erklären zu wollen daß das meine freiwillige Entscheidung ist und ich mich nicht mit Cookie darum prügeln muß wer unser Gefährt zurück in die Heimat lenkt. Ich mag halt kaum bis gar keinen Alkohol und ich kann nicht mal mit einer superduper Geschichte aufwarten warum das so ist.
Das mit dem Mitleid mag sehr nett gemeint sein ist am Ende aber absolut unnötig. Ich trinke keinen Alkohol weil ich die meisten alkoholischen Getränke schlicht und ergreifend nicht mag, so geschmacklich. Genauso wenig begeistern mich die Auswirkungen die Bier, Wein und Konsorten auf mich haben. Körperlich und menschlich. Ich werde für meine Umwelt zum Arschloch wenn ich betrunken bin. Und ich hasse es, die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren. Wild durch die Gegend zu lallen, meinen Magen nicht mehr unter Kontrolle zu haben und den Verlust der Fähigkeit gerade aus laufen zu können finde ich nicht lustig. Sondern ordne das mehr so in die Rubrik peinlich ein.
Schon als Teenager empfand ich meine Schulkameraden mehr peinlich als witzig wenn es darum ging wer als erstes besoffen war, wer am meisten vertragen konnte und wer sich wie die Seele aus dem Leib kotzen würde. Mir hat sich der Sinn dessen nie erschlossen. Ich war in meinem Leben lediglich einmal so richtig sturzbetrunken und das ausgerechnet an meinem 18. Geburtstag. Danach war ich dann drei Tage lang sehr, sehr krank und diese Erfahrung hat mir bis heute gereicht. Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind mir als Preis einfach zu hoch für ein paar Momente vermeintlichen Spaßes, an den ich mich im schlimmsten Falle am nächsten Morgen nicht mehr erinnern kann. Was man alkoholisiert halt so als Spaß versteht.
Ich trinke ab und an mal ein Glas Sekt mit Orangensaft, im Sommer ein schönes kaltes Altbier, im Winter Tee mit Rum oder mit meiner Freundin Schokoladenlikör. Diese Gelegenheiten kann ich an zwei Händen abzählen und da bleibt es bei ein, zwei Gläsern. Dabei geht es nicht darum betrunken oder vielleicht auch einfach nur locker zu werden, es geht um Genuß und Geselligkeit. Ich kenne meine Grenzen sehr genau und ich ziehe die auch sehr, sehr eng.
Locker flockige Sprüche raus hauen kann ich ganz gut ohne Alkohol und auch wenn es häufig den Eindruck macht, als würde ich ungefiltert sagen was mir gerade durch den Kopf schießt, dann täuscht das. Ich denke durchaus darüber nach was ich sage und wie ich es sage. Meistens. Bevor ich den Mund aufmache ist meine Antwort durch eine Art internen Filter gelaufen, der zumindest kurz checkt ob ich das jetzt wirklich so in die Welt kloppen sollte. Je entspannter ich mit einem Menschen umgehen kann und je enger das Verhältnis ist, desto weitmaschiger ist dieser Filter. Weil ich weiß was ich diesen Menschen an Frechheit, Direktheit und Ehrlichkeit zumuten kann.
Alkohol knipst mir diesen Filter aus. Und dann kann ich mir dabei zusehen wie ich Menschen Dinge vor den Kopp knalle, die ich besser für mich behalten hätte. Auf die echt uncharmante Weise, die mir mehr Feinde als Freunde beschert. Ich habe keine Angst davor Menschen ehrlich zu sagen was ich denke, doch wie immer macht der Ton die Musik. Alkoholisiert schlage ich einen sehr rauhen, scharfen und verletzenden Ton an wenn mir die Worte ungefiltert aus dem Mund purzeln. Dummerweise weiß ich auch alkoholisiert noch wohin ich die Messerworte werfen muß um den größtmöglichen Schaden anzurichten. Dumm das.
Ich möchte nicht am nächsten Morgen wach werden und feststellen müssen, daß ich mir wieder mehr Feinde als Freunde gemacht habe. Noch weniger möchte ich von anderen Menschen erzählt bekommen was ich alles gesagt oder getan haben soll. Das ist einfach nicht meins.
Mit dieser Einstellung bin ich im besten Falle komisch, im Normalfall mehr so die Spaßbremse. Denn ohne Alkohol keinen Spaß. Kann man so sehen, muß man aber nicht. Ehrlich gesagt finde ich das ein wenig befremdlich wie andere Menschen aus meinem „Och nö, ist halt nix für mich“ so ein Riesending drehen können. Wer ob und wie viel und was an Alkoholika konsumiert ist mir schließlich ziemlich schnurz. Okay, okay. So lange die sich die Getränkekarte des Abends nicht ausgerechnet in meinem Auto wieder durch den Kopf gehen lassen. So lange isses mir schnurz.
Nicht nur Betrunkene gehen mir ab einem gewissen Alkoholpegel ziemlich auf den Keks, ich habe es allmählich satt immer und immer und immer wieder erklären zu müssen warum ich keinen Bock auf trinken hab. Sag ich „Muss halt fahren“ bin ich die arme Socke die sich nicht amüsieren darf. Sag ich „Mag das Zeug nicht“ bin ich die komische Spaßbremse die sich nicht amüsieren kann. So oder so, am Ende hab ich verloren.
Man sieht, keine superduper Geschichte hinter „Danke, ich möchte nix trinken“. Weder lustig noch tragisch noch sonst was. Tut mir echt leid. Ich bin keine trockene Alkoholikerin, habe keine exotische Allergie oder muß Medikamente nehmen, die sich nicht mit Alkohol vertragen. Ist das so schwer zu akzeptieren?
Das aus meiner Sicht absolut nichts Heroisches, es ist einfach ein „Nein“. Das erfordert meinerseits nicht einmal Anstrengung – Alkohol ist schließlich keine Schokolade. Das einzig anstrengende an der Geschichte mit mir und dem Alkohol sind die ständigen Erklärungen zu denen ich mich genötigt fühle weil „Ich möchte halt nicht“ einfach nicht genügt.
Mal ehrlich, ich laufe auch nicht hinter Euch her und frage Euch ständig warum Ihr zum Spaß haben was mit Umdrehungen konsumieren müßt, ob Ihr zum Genuß trinkt, den Tag vergessen wollt oder Euch die komische Person neben Euch schön saufen möchtet. Ich lasse Euch Euren Spaß. Mehr noch, ich kann tatsächlich Spaß mit Euch haben. Obwohl Ihr trinkt und ich nicht. Huch.
Ansonsten bleibt der Deal „ich fahre, Ihr trinkt“ bis auf weiteres bestehen. Und ich hab mit Sicherheit auch so Spaß. Und wenn nicht, dann fahre ich halt nach Hause. Weil ich es kann.
Oh, diese Kommentare kenne ich nur zu gut. Ich „trinke“ wie du, mal einen Likör oder ein Glas Wein. Was da von mir im Jahr konsumiert wird, kann ich an einer Hand abzählen. Bis meine Kollegen begriffen hatten, daß ich nichts trinken möchte, aus ähnlichen Gründen wie du, hat es gedauert. Jetzt bekomme ich mein Glas Selters ohne Kommentar. Und mir geht es gut dabei. Der Spaß kommt mir dabei auch nicht abhanden wie manche denken. Warum gesellige Treffen unbedingt mit Alkohol verbunden werden, erschließt sich mir ebenfalls nicht so richtig. Ich kann auch alkoholfrei viel Spaß haben, welcher im Laufe des Treffens auch immer noch gut artikuliert und nicht gelallt wird.
Ach ja, ich bin keine Alkoholikerin, hatte aber wie Du ein ähnliches Erlebnis mit 18 Jahren, welches bis heute nachwirkt. Gut so.
Und noch etwas – vielen Dank für Deine wunderbaren Fotos mit Mr. Wood. Sehr passend zum Thema gestaltet.
Ach, es tut immer gut zu wissen daß man nicht alleine ist 🙂
Mittlerweile werden die Nachfragen seltener und wenigstens meine Familie hat verstanden, wie ich dazu stehe und da ist das auch kein Thema mehr.
Und vielen Dank für das nette Kompliment, die Bilder sind beim Herum spielen mit der Kamera entstanden als ich für eine Photography-Challenge zehn verschiedene Variationen des selben Themas fotografieren sollte. Es freut mich, daß sie Dir gefallen.
Liebe Grüße,
Mirtana