Hallo Mai. Haben wir tatsächlich schon das erste Drittel von 2021 hinter uns? Gefühlt rinnt mir die Zeit im Affentempo durch die Hände und die Wochen werden immer gleichförmiger, je weiter dieses Jahr voran schreitet. Ich bin müde, ich bin genervt, ich habe keine Lust mehr auf halbherzige Maßnahmen und dieses ständige Sperrfeuer schlechter Nachrichten. Impfen funktioniert nicht, Nachverfolgung funktioniert nicht, dies geht nicht, jeder meint er hätte was Wichtiges zu sagen, jedes Bundesland macht was es will, statt Pandemiebekämpfung diskutieren wir darüber, ob eine zweifache Mutter Bundeskanzlerin könne und wo ist eigentlich unsere Bundesregierung in Punkto Pandemiebkämpfung abgeblieben? Mittlerweile schlage ich mir so oft die Hand vor die Stirn, ich nähere mich dem Profil eines Neandertalers in erschreckendem Tempo. Und dabei bin ich bisher noch recht gut durch diese komischen Zeiten gekommen, doch so ganz allmählich neigt sich meine Resilienz tief dem Erdboden entgegen.
Mich nerven die ganzen Schwurbler, die ihr kindisches Rebellentum sowie das geistige Entlanghangeln an ihren eigenen Scheuklappen tatsächlich für „Querdenken“ halten. Mich streßt es, die meisten Arbeitskollegen nicht mehr im Büro zu haben und einfach mal fünf Minuten in der Teeküche mit jemandem über irgendwas anderes als diese nervige Epidemie zu quatschen. Mich frustriert es Freitags nicht mehr mit den Kollegen zur Mittagspause zu fahren und über Pläne für das anstehende Wochenende zu reden. Mir fehlt es, mich Freitags auf das Wochenende zu freuen weil ein Kinobesuch ansteht, Cookie und ich essen gehen möchten oder es einfach wieder Zeit für Moped Stammtisch ist. Ich vermisse es, in Museen und Theater gehen zu können. Es kotzt mich an, daß ich mich zwar in einen Flieger nach Mallorca hätte setzen und am Hotelbuffet mit drölfzig anderen Menschen meine Fressalien hätte aufs Tellerchen packen dürfen, aber nicht mit dem Auto durch Deutschland fahren darf um in einer Ferienwohnung mit der anderen Hälfte meines Hausstandes zwei Wochen alleine zu sein. Ich sehe keine Logik in vielen der Maßnahmen und die Liste der Dinge, die ich nicht mehr logisch nachvollziehen kann, wächst täglich gefühlt um dutzende Punkte.
Ich hab es satt. Mittlerweile traue ich mich gar nicht mehr, mich überhaupt auf etwas zu freuen oder gar darauf zu hoffen, daß Ausflüge, Treffen, Urlaube, was immer noch stattfinden dürfen. Wie wichtig diese kleinen Haltestellen im alltäglichen Kalender sind, ist mir erst die letzten Monate bewußt geworden. Seitdem wir von einem halbherzigen Lockdown in den nächsten stolpern. Wie sagt man so schön? Man weiß erst zu schätzen, was man hat, wenn man es eben nicht mehr hat …
Versuche ich es erneut, dieser komischen Zeit wenigstens ein paar schöne Punkte abzutrotzen? Ja, ich denke schon. Für meine darnieder liegende Resilienz und gegen die Gleichförmigkeit, mit der mir die Zeit durch die Hände rinnt.
Grund Nr. 1: Der Frühling ist in vollem Gange.
Mittlerweile ist es morgens bereits hell wenn ich aufstehe. Ich mag das, ich stehe nicht gerne im Dunklen auf. Bin und bleibe nun mal ein nachtaktiver Mensch, der zwar gerne bis spät in die Nacht wach bleibt, dafür halt äußerst ungerne das Bett verläßt wenn die Sonne sich noch nicht zeigt.
Nicht nur die Tage werden länger, mittlerweile gibt die Natur da draußen auch volle Kanne Gas. Überall wird es grün und es blüht und die Vögel zwitschern. Sogar wenn es noch gar nicht richtig hell ist … Die Mistbiester sind laut, wer hat den flatternden Gesellen eigentlich erlaubt zu nachtschlafender Zeit vor meinem Fenster so einen Radau zu veranstalten? Wie, ich soll mich nicht so anstellen? Wenn Sie so einen ausdauernden Zweitonvogel im Hinterhof hätten wie ich, dann wären Sie vermutlich auch nicht mehr so gut auf den Piepmatz zu sprechen. Warum der Zweitonvogel heißt? Weil der halt nur zwei Töne kann.
Grund Nr. 2: Die Bilder werden wieder analog.
Im März und April habe ich den ein oder anderen Film durch diverse meiner Analogkameras gejagt, die ich vor einer Woche zur Entwicklung gegeben habe. Ich bin sehr gespannt, was daraus geworden ist – zumal ich mir bei zwei Kameras nicht sicher bin, ob die überhaupt noch funktionieren und die billigen Filme erst mal nur zum Testen durch gezogen habe.
Meine Diana Mini habe ich die letzten Wochen auf jeden Spaziergang mit geschlörrt, die läßt sich gut in der Jackentasche verstauen. Ist halt ein niedliches Spielzeug, was den täglichen Spaziergang ein wenig unterhaltsamer gestaltet. Und, je nachdem was die Testfilme ergeben, habe ich das ein oder andere analoge Fotoprojekt geplant. Mir einfach die Stöpsel ins Ohr zu pfriemeln, Musik (wahlweise Hörbuch oder Podcast) zu hören und mich nicht davon stören zu lassen wenn vorbei laufende Passanten komisch gucken weil die dicke Frau komische Sachen mit altmodisch anmutenden Geräten macht. Wer weiß denn heute noch, was ein Lichtschachtsucher ist? Eben.
Das Versenken ins Bilder machen, nur für mich und zur Entspannung, zieht mich im Moment wieder gerade und stellt mich auf die Beine.
Grund Nr. 3: Eine Menge Spielzeug zum Austoben.
Nicht nur analog fotografieren beschäftigt mich gerade, ich bin auch wieder digital unterwegs. Zumindest was den Knipskasten an sich angeht. Im Urlaub, den ich eigentlich lieber im Schwarzwald statt zu Hause verbracht hätte, habe ich den Adapter M42 auf Nikon F aus dem hintersten Winkel der Schublade gekramt. Hab das Teil vor vier Jahren mal gekauft, einmal auf die Kamera geschraubt um es dann erstmal in der Schublade mit Fotospielzeug zu versenken … Für später mal. Man kennt das.
Mir machen gerade alte manuelle M42 Objektive Spaß, die ich auf meine digitale Nikon adaptiere. So habe ich schon seit Ewigkeiten unter anderem ein Helios, ein Industar, ein Domiplan und andere alte Linsen hier, die ich gerne ausprobieren möchte. Die haben den Nachteil, die können nicht mit meiner Nikon kommunizieren. Was nichts anderes bedeutet als daß ich Belichtung und Blende selber einstellen sowie lernen muß, von Hand zu fokussieren statt mich auf Automatiken und Autofokus zu verlassen …
Die ersten Versuche mit dem Helios waren da sehr lehrreich … Wenn von gut vierhundert Aufnahmen zwanzig, dreißig überhaupt was werden, ist das eine Menge Ausschuß und noch ein weiter Übungsweg. Ach ja, mein Lensbaby würde sich vermutlich ebenfalls freuen, mal wieder aus der Kameratasche ans Tageslicht zu dürfen.
Grund Nr. 4: Feiertage und lange Wochenenden.
Mit der Überschrift ist eigentlich schon alles Wichtige zu diesem Punkt gesagt. Zeit für mich. Es ist zwar das ein oder andere geplant, doch wer weiß ob es auch so stattfinden darf wie wir uns das gedacht haben? Dennoch bleibt die freie Zeit, die ich dann eben einfach anders nutzen werde. Siehe zwei und drei. Sollte ich dazu keine Möglichkeit haben, gibt es hier noch genug ungelesene Bücher. Stricken und Hörbücher, Dokumentationen oder Podcasts geht auch immer. Vielleicht auch das ein oder andere Einzel-Treffen mit wichtigen Menschen unter Berücksichtigung der aktuellen Auflagen.
Grund Nr. 5: Es wird Zeit für Moped-Wetter.
Hey Mai, gib mal Gas. Trocken und Temperaturen um die fünfzehn Grad würden mir ja schon reichen. Ich hab mein Moped vermißt in diesen Wintermonaten, die sich dieses Mal wirklich elendig in die Länge gezogen haben. Jedes Mal, wenn ich mit dem Helm in der Hand auf den Hof oder Parkplatz komme und mein silbernes Schwänchen auf mich wartet, macht mein Herz einen Hüpfer. Ich liebe es, Motorrad zu fahren. Der Führerschein war die beste Investition, die ich die letzten zehn Jahre getätigt habe.
Fazit: Augen zu und durch.
Was bleibt auch anderes übrig? Irgendwann wird diese Pandemie vorüber sein. Bitte früher als später. Ich würde halt echt gern mal wieder ins Kino oder eine Ausstellung besuchen. Bis es soweit ist halte ich mich mit winzigen Dingen, über die ich mich freuen kann, über Wasser.
Traue mich gar nicht, Euch zum Abschluß meiner vielen Worte einen schönen Mai zu wünschen… Ich hoffe einfach, der Mai hält trotz dem Scheiß, der da draußen immer noch abgeht, den ein oder anderen schönen Moment für jeden von uns bereit. Haltet die Ohren steif!
Ja hallo! Schön, wieder von Dir zu lesen. Ich wollt schon eine Vermisstenmeldung aufgeben.
Eigentlich könnte ich, was Du oben schreibst, eins zu eins übernehmen. Na gut, mit Ausnahme der Knipserei … kann das nicht so. Aber alles andere!
Ich wünsch uns schöneres Wetter – hab meine Maschine heuer erst 2x gefahren, davon einmal ins Büro.
Bis die Tage ????
Hi Ruthy,
nun, das mit der Knipserei kann man lernen. Dann kommt man irgendwann auch zum Fotografieren 😉
Ich hab meine Maschine schon paar Mal aus der Garage geholt, allerdings isses doch noch empfindlich kühl bei um die zehn Grad. Am Sonntag soll es schön warm werden, da würde sich eine ausgedehnte Runde auf dem Moped anbieten – wenn, ja wenn da nicht die Einladung zu einem Geburtstagskaffee im Raum stehen würde. Naja, das Jahr hat ja noch ein paar Monate um mit Mopedwetter aufzuwarten.
Wünsche ein schönes Wochenende! 🙂
Frau Mirtana