Ich hatte da ein echtes Luxusproblem. Statt mich einfach in Dankbarkeit zu üben, Bewohnerin einer schönen warmen Wohnung zu sein, in der es meist recht aufgeräumt (wenn auch staubig) zugeht, ärgerte ich mich seit geraumer Zeit über unsere Aufbewahrung im Arbeitszimmer. Die glich mehr einer „Tür auf, Kram irgendwohin, Tür zu“ Rumpelbude als etwas, in dem ich mich gerne aufhalten mochte. Trotz meiner extra Ecke für gemütliche Lesestunden, die exakt der Vorstellung entspricht, die mir in den Kopf kam als ich mit Cookie die Wohnung damals besichtigt habe. Bevor wir das Mupfelheim aus dem orange-türkisen Alptraum, den die Vormieter hinterließen, zerrten wie einen störrischen Phönix aus seiner Asche.
Einer der Gründe, warum ich unser Mupfelheim so mag, ist die Tatsache, daß wir nur für Bad und Schlafzimmer Türen haben sowie daß das Arbeits- mit dem Wohnzimmer verbunden ist. Was jetzt die Strategie „Tür auf, Kram rein, Tür zu“ ein wenig unpraktikabel macht. Dafür kann man ungehindert durch Flur, Arbeits- und Wohnzimmer zurück in den Flur, immer schön im Kreis, laufen. Kinder finden das unglaublich toll. Ich übrigens auch. Man sollte in solchen Sachen mehr auf Kinder vertrauen, die wissen halt, wie man mit einfachen Mitteln Spaß haben kann.
Dafür kommt das Mupfelheim mit dem Nachteil daher, daß ich keine Türe schließen kann wenn ich auf der Couch herum fläze. Das von mir heißgeliebte Sofa, in das ich in jahrelanger Arbeit die Konturen meines Körpers verewigt habe, steht exakt so, daß ich das Chaos im Arbeitszimmer immer im Blick hatte. Die offensichtlichen Lösungen wie Licht ausknipsen oder einen Vorhang vor den Durchgang bummeln klingen in der Theorie sehr nett, scheitern in der Praxis aber an meinem Wissen um das, was ich hinter Dunkelheit oder Stoff verbergen will. Auch ist für das gut eingesessene Sofa kein Umzug in eine andere Ecke möglich, es paßt schlicht nur an diese Wand, die anderen haben Türen oder Fenster, da stünde das arme Dinge doch nur im Weg herum.
Mittlerweile stapelten sich die Bücher schon in Zweierreihen und schrien nach mehr Platz. Auf den Regalen selber versammelten sich Strickbücher und Kisten mit Bastelkram, Dekokrempel und Weihnachtsgedöhns (genau, die berühmt berüchtigte Kiste, aus der ich jedes Jahr einen etwas anderen Adventskranz zusammen improvisiere …) um dort heimlich wilde Partys zu feiern Staub anzusetzen. Die Vitrine, die ursprünglich mal als ordentlicher Aktenschrank angedacht war, befand auf dem besten Weg zum Zusammenbruch und nicht nur einmal stellte sich mir die Frage, ob das nur noch nicht geschehen sei weil wir sie so vollgestopft hatten. Es gibt schönere Anblicke als eine bis zum Bersten gefüllte Vitrine.
Alles in allem machte mich dieses offensichtliche Chaos das Gegenteil von glücklich. Schon die unterschiedlich farbigen Ordner mit der gruseligen Beschriftung (was hatte ich mir dabei nur gedacht?) bürsteten meinen inneren Monk auf Krawall. Abgesehen davon bin ich Sekretärin, mir ist eine schluderige Ablage ein Graus. Sämtliche Unterlagen der letzten zweieinhalb Jahre schlummerten in einer Schublade, weil ich keinen Bock hatte, mich mit diesen Gruselordnern zu beschäftigen. Schublade auf, Unterlagen rein, Schublade zu. Funktionierte hervorragend, denn aus den Augen, aus dem Sinn – wie wir alle wissen. Und wer macht schon in seiner Freizeit gerne Papierkram? Eben. Nicht mal die Sekretärin.
Ordentlicher sollte es werden, doch vor allen Dingen brauchte ich einen Platz für den großen Drucker, der gefühlte Dreiviertel von Cookies Schreibtisch einnimmt. Ich übertreibe, natürlich. Dennoch, der Drucker mußte weg vom Schreibtisch des Mannes. Ach ja, über dem Absatz, in dem sich die nachträglich verlegten Heizungsrohre tummeln, muß meine Lösung stehen … Sonst haben wir hinter dem neuen Schrank eine Menge Luft bis zur Wand, das sieht auch blöd aus.
Nun verhält sich das mit einer nicht erst seit gestern bewohnten Wohnung zum Glück so, daß sich im Laufe der Zeit langsam heraus kristallisiert, was man wirklich braucht. Soll heißen, ich konnte mir Zeit lassen um mein Luxusproblem zu lösen. Bis ich mir schließlich schlüssig war, was ich haben wollte. Mit einer Einkaufsliste bewaffnet fuhr Cookie mit mir zum bekannten Möbelhaus. An einem Samstag noch dazu. Es kann sich hierbei nur um Liebe handeln, freiwillig macht man so etwas doch nicht. Oder? An einem Samstag?!
Wie dem auch sei, wir erstanden fast alles, was auf meiner Einkaufsliste stand und verließen diesen gruseligen Ort dann wieder. Wann ist es eigentlich aus der Mode gekommen, seinen Nachwuchs Samstags im Streichelzoo oder Freizeitbad zu bespaßen statt die Brut einfach nur im Bällebad des Möbelhauses abzugeben?
Zuhause dann die erprobte Rollenverteilung. Die Frau hält den ganzen Betrieb auf und sortiert reicht Schrauben, der Mann schraubt zusammen. Bei der Erweiterung der Büchermeile funktionierte das hervorragend und ehe ich mich versah, war es Zeit den Krempel vom Regal zu räumen um die hauseigene Bücherei der Frau Mirtana noch oben wachsen zu lassen. Man möchte gar nicht glauben, wie staubig das so auf einem Regal werden kann … Cookie schraubte die Aufsätze auf die ebenso schnell wie ordentlich gereinigten Bücherbehausungen und zufrieden räumte ich das ganze Bücherregal aus, sortierte noch das ein oder andere aus, wischte die Regalböden mit Hingabe sauber, putzte die Glastüren und räumte meine Bücher ordentlich wieder hinter Glas. Keines parkt jetzt mehr in vorderer Reihe, alle haben ihren Platz gefunden. Genauso wie meine Kameras.
Während ich so vor mich hin räumte und putzte und sortierte und wieder räumte, befaßte Cookie sich mit dem Aufbau unseres neuen Akten- und Druckerschrankes. Das war jetzt nicht ganz so einfach, verfügt unser Arbeitszimmer, wie alle Räume unseres Mupfelheimes, über schiefen Boden und schiefe Wände. Schließlich sollte der neue Schrank nicht irgendwann beschließen, doch der Schwerkraft zu folgen. Der Trick? Die Beine von Küchenmöbeln drunter schrauben, die kann man einzeln verstellen und so den Schrank in die Waage bringen. Man wird da kreativ, wenn man in altem Gemäuer wohnt.
Am Ende des Tages stand alles. Jetzt konnte am nächsten Tag der Drucker umziehen, diverses Verkabelungszeugs neu sortiert sowie der Schreibtisch reorganisiert werden. Neue Ordner habe ich bestellt, Papierkram habe ich sortiert und ausgemistet, meine Leseecke anders gestellt und sehr, sehr viel Staub gewischt und gesaugt.
Jetzt ist es wieder gemütlich, unser Arbeitszimmer. Vielleicht noch eine Reihe auf die hauseigene Bücherei aufstocken um die Kisten, die ich brav ausgemistet habe, verschwinden zu lassen? Hmm, und da oben auf dem neuen Schrank, da wäre doch noch Platz für eine kleine Pflanze. Ein Efeu vielleicht? Oder ein Baumfreund gar?
Nun, bisher hat es immerhin frisches Dekorationsgerümpel in herbstlich (Hauptsache Kerzen!). Noch ein gutes Buch und, natürlich, eine Tasse heißer Tee. Die Abende können kommen. Die ruhigen Morgen an den Wochenenden, an denen mir die Wohnung so lange gehört bis nebenan die Kirche mit lautem Glockengeläut den Start des sonntäglichen Frühstücksrituals anzeigt ihre Schäfchen zum Gottesdienst ruft und dabei den Mann weckt.
Jetzt habe ich kein Luxusproblem mehr. Für den Moment. Auch schön, kann man mal machen. So ein Luxusproblem aus der Welt schaffen.
P.S.: Ja, die Stephen King Sammlung ist nach Erscheinungsjahr sortiert. Für den Fall, daß das jemand aufgefallen ist. Ich bin eben ein wenig seltsam, der Mann nimmt das zu meinem Glück halt so hin. Natürlich weiß ich das, wie sollte ich auch nicht wissen? Mit dem Mann habe ich Glück gehabt. Ich weiß. Danke der Nachfrage.
Sieht klasse aus <3
Ich mag das ja auch, aufräumen udn entrümpeln und es neu machen. Dann sogar mit Staubwischen ;o) Heimlich denke ich ja nach zwei Jahren im Haus auch darüber nach wie man das Wohnzimmer neu einriten kann. Aber ich bin dabei immer hin- und hergerissen zwischen neu ist schön und die alten udn zum teil gebracuhten Möbel haben eigentlich noch nicht ausgedient.
Aber bei euch sieht es so schön aus, dass ich überlege einfach mal das Wohnzimmer vom Staub zu befreien und dabei Bücher neu einzuräumen. Vielleicht hilt das ja ?!
Liebe Grüße, Carmen
Danke schön 🙂
Auch wenn ich das nie zugeben würde hinge mein Leben davon ab: ich mag eine aufgeräumte Wohnung, an der sich die Sachen an festen Plätzen befinden. Blöderweise hasse ich Hausarbeit, deswegen ist es hier häufiger mal ein bißchen staubiger … Doch das Gefühl, in einer aufgeräumten, staubgewischten und ordentlichen Wohnung im Sessel zu sitzen und zu lesen ohne dabei ständig daran denken zu müssen “Ich muss noch aufräumen, Staub wischen und und und …” das hat schon was.
Nur bitte, bitte nicht die Bücher nach Farben sortieren. Das sieht nur dann schön aus wenn man seine Bücher sonst nicht anfasst – man findet da nix wieder. Es sei denn, man hat ein fotografisches Gedächtnis, dann könnte das funktionieren.
Liebe Grüße,
Mirtana
Hahaha. Selbst wen ich wollte, ich dürfte die Bücher nicht nach Farben sortieren. Mein Mann würde dann ganz sicher nicht mehr mit mir reden ;o) Die Sotierung ist bei uns eher, seins und meins und dann grob nach Genre und Autor (nicht alphabetisch).
Liebe Grüße, Carmen
So ungefähr sieht die Sortierung bei uns auch aus … Bis auf die Stephen King Sammlung des Mannes, die ist in der Tat nach Erscheinungsjahr sortiert *hüstel* … Wirklich sortiert sind die Bücher auch nicht, wie bei Dir gibt es die Bücher des Mannes und meine, die sehr grob nach Richtung und Sprache sortiert sind.
Das mit dem nach Farben sortieren kann schon echt cool aussehen, allerdings lese ich sehr häufig Fantasy-Zyklen mit mehreren Bänden und es würde mich irre machen wenn die wie Kraut und Rüben im Regal stehen statt ordentlich beieinander. Wobei es mich schon irre macht wenn die mitten in so einer Serie das Format ändern! Das ist so ein bißchen der innere Monk, der gerne möchte, daß alles schön einheitlich aussieht 😀
Liebe Grüße,
Mirtana